Freitag, 3. Dezember 2010

Wenn einer eine Reise macht...

In den nächsten Wochen, wird auf diesem Blog wahrscheinlich nichts passieren. Wundert euch also nicht!
Wir werden die langen Ferien nutzen, um Mittelamerika ein wenig zu erforschen.
Diesen Samstag machen wir uns ganz früh morgens auf und fahren über Honduras nach San Salvador (Hauptstadt von El Salvador), von wo aus wir weiter nach Guatemala und Südmexiko reisen werden.
Es gibt also viel zu entdecken und natürlich werde ich Stift und Papier ganz dicht bei mir tragen, sodass ihr auf jeden Fall über unsere Reiseabenteuer erfahren werdet.
Ich wünsche allen eine schöne und besinnliche Weihnachtszeit!

La despedida

Am Montag vor zwei Wochen sind die kleinen ninos und ninas das letzte Mal vor den großen Ferien zur Schule gekommen und das musste natürlich mit einer kleinen Abschiedsfeier zelebriert werden.
Alle waren sehr fröhlich, sie durften dieses mal in eigenen Klamotten zur Schule kommen und mussten nicht in der Schuluniform erscheinen. An diesem Montag trudelten die meisten noch später ein als sonst und wurden häufig begleitet von Eltern, Geschwistern, Tanten oder Großeltern.
Jede Klasse versammelte sich in ihrem Klassenzimmer und dann wurde gefeiert!
Aus jedem der sechs Räume ertönte eine andere Musik und zwar so laut, dass man auf dem Gang sein eigenes Wort nur schwer verstehen konnte.
Es wurde getanzt und gelacht; einige Mütter brachten zur Feier des Tages einen aufwändig zubereiteten Reiseintopf mit. Die Kinder schienen alle sehr zufrieden und hüpften ausgelassen herum.

In der Klasse 2b, war am meisten los, denn eine Mutter hatte für die Kinder sogar eine Pinata organisiert. Eine Pinata ist eine aus Papier und Pappe gebastelte, große bunte Figur, die im Inneren mit Süßigkeiten gefüllt ist. Normalerweise bekommen die Kinder so eine Puppe an Geburtstagen geschenkt. Was dann folgt, erscheint allerdings wenig kinderfreundlich. Dem Kind werden mit einem Tuch die Augen verbunden, es bekommt einen Stock in die Hand gedrückt und erhält den Auftrag, damit auf die Puppe einzuschlagen, solange bis sie kaputt geht und die Süßigkeiten heraus fallen. Dann stürzen sich alle Kinder gleichzeitig und übereinander auf den Boden und versuchen so viel Bonbons und Caramelos wie nur möglich zu ergattern. Auch die Kinder der 2b hatten mächtig Spaß an der Sache.  Die Freude stieg aber noch um einiges, als ich ihnen das Weihnachtsgeschenk zeigte, welches ich von meiner besten Freundin geschickt bekommen habe.
Ein Stoffschneemann und drei Bücher. Wie erklärt man, was ein Schneemann ist, wenn die Kinder keinen Schnee kennen? Mit großen Augen, haben sie schönen Bilder der Bücher betrachtet und schienen ganz verzaubert.
Obwohl auch die Schule in allen Ecken mit Weihnachtsschmuck verziert war und mir die Kinder bevor sie nach Hause gingen alle ein frohes Weihnachtsfest wünschten, ist bei mir bis jetzt noch kein richtiges Weihnachtsgefühl aufgekommen.
Ich merke eher, dass ich ein wenig traurig werde, wenn ich daran denke, dass ich die Kinder für mehr als zwei Monate nicht sehen werde.
Einige von ihnen schenkten mir selbst gebastelte Briefchen oder Fotos von sich und ihren Familien, damit ich sie auch ja nicht vergesse. Ich bekam sogar einen kleinen Porzelanengel geschenkt und wurde von einigen Kindern nach Hause eingeladen, was mich alles wirklich sehr berührt hat.
Ich weiß leider auch, dass viele Kinder nicht so schöne Ferien haben werden wie ich. Viele müssen arbeiten und zum Beispiel bei der großen Kaffeeernte helfen.
Ich freue mich schon darauf sie in zwei Monaten wieder zu sehen, auch wenn nicht alle wieder kommen werden. Manche Kinder haben mir erzählt, dass sie auf eine andere Schule gehen werden, weil sie weit weg wohnen und manche müssen auch ein Jahr aussetzen, weil ihre Eltern nicht genügend Geld haben, um sie zur Schule zu schicken.

La Matriculación

Buenos Dias, ich möchte meine Tochter für das nächste Schuljahr an dieser Schule anmelden.
Einen Augenblick, meine Verehrte.“, sagt die Direktorin und kramt, wie für jede neue Schulanmeldung, ein Blatt Papier und einen Stift, aus der Eisenschublade ihres Schreibtisches hervor.
Wie heißt denn das Kind?“
„Sie heißt María Jesús Sánchez Blandón.", (Name geändert) antwortet die Mutter und lächelt ein wenig verlegen.
Ist sie das?“, die Direktorin zeigt fragend auf das kleine Mädchen, was sich schüchtern an den Schreibtisch klammert und sich auf die Zehenspitzen stellen muss, damit es darüber schauen kann.
Ääähhhhh...ja.“, antwortet die Mutter nach einer längeren Pause, dabei scheint sie sich in ihrer eigenen Antwort nicht wirklich sicher zu sein.
Gut. Hat ihre Tochter die Vorschule besucht?
Nein...Sehen Sie, wir wohnen in den Bergen, weit weg und außerdem gibt es so viele Kinder...“, versucht die Mutter sich zu rechtfertigen.
Die Direktorin nickt und fragt weiter „Und wie alt ist sie?
Sieben, nein – sechs glaube ich....
Wann hat sie denn Geburtstag?
Im Februar.“
Ah und an welchem Tag?“
Die Mutter zupft verlegen an ihrem T-shirt und schaut aus dem kleinen Fenster.
Am 1., am 2., am 3.,4.,5.,6.,7.....?“ Kommt ihr die Direktorin zur Hilfe.
Ich weiß es nicht.“, sagt die Mutter schließlich. „Der 4. könnte hinkommen.“
Es wird sich auf den 4.02 geeinigt, die Direktorin rechnet noch schnell das Geburtsjahr des Mädchens mit dem Taschenrechner aus und bringt dann alle Daten zu Papier.
Angemeldet!

Sonntag, 28. November 2010

Die Fritanga

Eine Fritanga kann man vielleicht mit einer gewöhnlichen „Pommesbude“ in
Deutschland vergleichen. Naja, vielleicht....
Fritangas findet man in Nicaragua an fast jeder Ecke und in fast jeder
Seitenstraße.
Dass man nach wenigen Metern auf eine Fritanga stoßen wird kann man bereits am
Geruch erahnen. Denn das Geheimrezept einer Fritanga lautet: „Frittiere
alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist!“
Dementsprechend verhalten sich dann auch die Luftbedingungen in der Fritanga und in ihrer Umgebung.
Schon vor dem Eintreten wird man von einer gewaltigen Rauchwolke begrüßt,
frittiert wird nämlich meistens draußen vor dem Laden auf der Straße.
Befindet man sich dann in dem laden, fällt das Atmen schwerer und auch
die Sicht erscheint ein wenig unklar.
Fritangas werden von den Nicas gerne besucht und so drängen sich häufig viel
zu viele Menschen in den kleinen Räumen, an den wenigen Plastiktischen.
Eine Speisekarte gibt es nicht; man fragt nach, was es denn gerade so geben
könnte. Und eigentlich ist die Antwort immer gleich:
Gallo Pinto (Reis mit Bohnen, frittiert), alle möglichen Sorten und Arten von
Fleisch (natürlich frittiert), Platano (frittierte Banane, auch als Chips
möglich), Enchiladas, manchmal auch Tacos und als Beilage Tortilla und Salat.
Der Salat dient allerdings mehr als Dekoration und besteht ausschließlich aus
Kohl. Über die ganze Sache kippen sich die Nicas gerne haufenweise scharfes
Chilly. Zum Trinken gibt es furchtbar süße Säfte, Bier oder Cola.
Nach dem Essen bezahlt man meistens am Ausgang, wo eine Person sitzt, die einem
dann spontan den Preis für das Mahl nennt.
Ist man wieder auf der Straße, oder besser gesagt einige Straßen von der
Fritanga entfernt, merkt man erst, dass man in der Fritanga glatt selbst
mit-frittiert wurde und fühlt sich wie ein gegrilltes Hühnchen.

Dienstag, 23. November 2010

Ausflug in die Wupperberge


Nein, in Deutschland war ich letztes Wochenende nicht. Aber dafür in Jinotega – genau, in der Partnerstadt Solingens.
Das kleine Städtchen im Norden Nicaraguas, ist gerade einmal eine gute Busstunde von Matagalpa aus entfernt, insofern die Straßen-, Bus- und Wetterverhältnisse stimmen.
Wir brauchen an diesem Samstag etwas länger. Der Bus ist wie immer überfüllt, aber dafür bekommen wir eine kleine Vorführung, von zwei eher mäßig lustigen Clowns, geboten. Ein weiterer Mann hält, in dem wirklich prall gefüllten Bus (ich frage mich immer noch wie er das gemacht hat) einen Vortrag über Würmer und Parasiten und verkauft Medikamente, die angeblich dagegen helfen sollen. Der Bus kutschiert uns durch die Berge, an einsamen Hütten vorbei, vorbei an Kuhherden, die von ihren Besitzern über die Straße gescheucht werden.
Irgendwann kommen wir dann doch an, in Jinotega, und zwar an einem sehr kleinen Busbahnhof. Genauer gesagt, werden wir an einem staubigen Platz raus gelassen, auf dem sich lediglich ein Kiosk befindet.
Unser Plan für den Tag: Den Cerro de la cruz (Berg des Kreuzes) besteigen.
Wir machen uns also auf und laufen durch die engen Straßen, in Richtung Friedhof.
Mir kommt alles recht klein und geordnet vor. Außerdem ist es, verglichen mit der Innenstadt Matagalpas, sehr ruhig.
Was am meisten auffällt, ist der Klimaunterschied. Jinotega liegt nördlicher und noch weiter in den Bergen als Matagalpa. Das spüre ich deutlich und rede mir ein, in meinem T-shirt und der kurzen Hose zu frieren.
Warm wird uns aber spätestens, als wir über den wunderschöner Friedhof laufen, der am Hang des Berges liegt und bunt geschmückt ist. Die Gräber sind angemalt, überall hängen bunte Girlanden und Plastikblumen in allen Farben. Viele Gräber sind von einer bunten Mauer oder einem angemalten Zaun umgeben, auf einigen ist sogar ein kleines Häuschen erbaut.
Die Friedhöfe hier, sind generell pompöser, größer, bunter und voller. Aber um diese Zeit sind sie besonders bunt, denn am 02.11 hat man in Nicaragua Allerheiligen gefeiert. Das war eine große Sache hier, die Angehörigen der Toten haben an diesem Tag, die Gräber angemalt, sie mit Blumen oder anderen Verzierungen dekoriert. Die können wir an diesem Samstag also immer noch bewundern.
Es dauert ein bisschen, bis wir den richtigen Weg hoch zum Kreuz finden. Wir versuchen uns durchs Dickicht zu schlagen, beschließen, dann den Leuten mit der Manschette hinterher zu laufen.
Die Natur ist wunderschön, alles ist grün, Schmetterlinge begleiten uns und es ist nur schwer vorzustellen, dass die ganze Landschaft in einigen Wochen braun werden wird.
Die Steigung wird mit der Zeit immer stärker, einen richtigen Weg gibt es nicht und an manchen Stellen sind wagemutige Klettermanöver gefragt.
Nach ca 45 Minuten, kommen wir geschwitzt, aber glücklich oben an und werden belohnt, mit einer gigantischen Aussicht!
Ausblick auf Jinotega
Große, begrünte Berge, umschließen die kleine Stadt Jinotega, die sich in das enge Tal zwängt. Die Berglandschaft, erinnert wirklich ein wenig an Solingen und die Wupperberge, mal abgesehen von der Vegetation.
Zur Linken, ist ein großer See zu sehen, der Lago de Apanas, dessen Wasser in der Sonne glitzert und auf dem sich mehrere kleine Inselchen befinden.
El Lago de Apanas
Auf der anderen Seite schauen wir auf eine wunderschöne grüne Berglandschaft und wir streiten uns, ob man dort bereits Honduras sehen kann, oder ob die ganze Landschaft noch zu Nicaragua gehört.
Nachdem wir genug Aussicht, Sonne und Kraft getankt haben, steigen wir  wieder ab und begegnen auf dem Rückweg einigen Kühen, die sich faszinierender weise durch das Dickicht schlagen.
Unten angekommen, schlendern wir durch die Stadt zurück zum Busbahnhof. Kehren noch schnell auf ein Pithaya (Drachenfrucht) Eis ein und beobachten ein altes Ehepaar, was auf Campingstühlen neben ihrem sehr großen Auto, in ihrem Wohnzimmer sitzt (Ja, Autos werden hier oft im Wohnzimmer geparkt) und durch die Gitterstäbe der Fenster, die Menschen auf der Straße beobachtet.

Sonntag, 7. November 2010

Einblick in die nicaraguanische Sprache - Lektion I: Gestik, Mimik und verbale Ausdrucksmöglichkeiten

Woraus setzt sich eigentlich eine Sprache zusammen? Was macht eine Sprache aus und wodurch unterscheidet sich eine Sprache von einer anderen?
Natürlich, eine Sprache besteht aus Wörtern, sie besteht aus zahlreichen Vokabeln, einer Grammatik und aus einer Aussprache, die sich häufig von der eigentlichen Schreibweise unterscheidet.
Eine Sprache besteht also aus Regeln, Regeln die festgelegt sind und die man in Büchern nach schlagen kann.
Zu einer Sprache gehören aber auch Umgangsweisen, Angewohnheiten, die auf den ersten Blick weniger transparent sind, die man in keinem Sprachunterricht lernen würde und die auch in keinem Lexikon zu finden sind.
Damit meine ich zum Beispiel die Körpersprache; Mimik, Gestik, Verhaltensweisen, Ausdrücke oder Ausrufe, die von Sprache zu Sprache variieren und die man meistens nur im Umgang oder im Gebrauch mit ihr, erfährt.
Die nicraguanische Sprache, ist scheinbar voll von Ausdrucksweisen und Eigenarten, die die Theatralik der Sprache anheben und in den verschiedensten Situationen, unterschiedlich unterstreichen.
Hier ein paar typisch nicaraguanische Ausdrucksvorlieben, Gestiken und Angewohnheiten, die man täglich auf der Straße und in Gesprächen beobachten kann:


1.Den Erfolg des Verstehens eines Sachzusammenhangs, oder auch das Einleuchten einer Erklärung, betonen die Nicaraguaner gerne durch ein kräftiges und sehr lang gezogenes „Ahhhhh- ya“. Das ya, kann als Variation auch wie dscha ausgesprochen werden, ebenso kann man es mehrmals hintereinander wiederholen.
Beispiel: „Ahhhhh ya- (kurze Pause) ya, ya“.
2.Wenn man ausdrücken, beziehungsweise unterstreichen möchte, wie schlimm, wie tragisch oder auch wie absurd etwas ist, dann macht man diese Tragik zusätzlich durch eine Handbewegung deutlich.
Hierbei berühren sich Daumen und Mittelfinger jeweils mit den Fingerkuppen. Die Hand wird stark geschüttelt - der Arm bleibt jedoch ruhig, die Bewegung kommt lediglich aus dem Handgelenk - sodass der Zeigefinger auf den Mittelfinger schlägt und durch das Aufeinander schlagen und Schlackern der Finger, ein Geräusch erzeugt wird. Besonders effektiv wirkt diese Bewegung bei Ringträgern.
Zusätzlich zu dieser Bewegung, ruft man laut und sehr pathetisch „ayayayayayayay!“ , das Gesicht wird dabei gerne verzogen.
Vorsicht beim Nachmachen: Die Bewegung erscheint wenig gesund und kann schmerzhaft sein, wenn man krampfhaft versucht, Geräusche mit den Fingern zu erzeugen.
3.Ein höfliches „Wie Bitte?“ oder meinetwegen auch ein „Was?“, kennen die Nicaraguaner so gut wie nicht. Wenn sie etwas nicht verstehen, beziehungsweise die Person nicht verstehen, mit der sie reden, dann signalisieren sie ihr Unverständnis durch ein ziemlich lang gezogenes „Hääää?“, oder auch durch ein „Haaaa?“; meistens in einer schrillen und prägnanten Tonart.
(Kurze Anmerkung hierbei: Ich stelle geradezu mit Entsetzen fest, dass auch ich schon diese Angewohnheit aufgenommen habe und entschuldige mich hiermit schon einmal im Vorfeld für ihren Gebrauch.)
4.Im Restaurant oder in der Bar wird die Bedienung mit einem Zischen und einer Handbewegung gerufen, die allerdings genau das Gegenteil des Verlangens ausdrückt.
Dazu streckt man den Arm nach vorne aus und winkt mit der Hand, die auf dem Boden zeigt, mehrmals hin und her. Die Handbewegung, geht dabei allerdings weg von der winkenden Person - es ist also eher ein Wegwinken, als ein Heranwinken, was ich am Anfang sehr verwirrend fand. Verbal, macht man sich zu der Bewegung durch ein Zischeln „ksksksksks“, deutlich und unterstreicht sein Anliegen auch gerne mal durch einen Ausruf wie „Eh muchacho!“.
Wenn man jemanden auf der Straße trifft oder generell die Aufmerksamkeit einer anderen
Person erlangen möchte, benutzt man dieses Zischeln ebenfalls. Mit Vorliebe wird
es außerdem von Männern gebraucht, die den Frauen auf der Straße gerne mal
hinterher zischeln.
5.Das Tempo, in dem sich die meisten Nicaraguaner durch die Straßen bewegen, kann man noch nicht einmal mit deutschem „Schlendertempo“ vergleichen, vielleicht mit der Hälfte seiner Geschwindigkeit. Grundsätzlich weicht einem keiner aus und auch die Autos, Motorräder, Fahrräder oder Pferde, haben immer Vorfahrt. Straßenüberquerungen, sind bisweilen mit Risiken eng verbunden. Sein Stückchen Freiheit auf der Straße oder auf dem engen Bürgersteig, falls es einen gibt, muss man sich stets erkämpfen und den ganzen Weg über hartnäckig verteidigen..
6.Trifft man Bekanntschaft auf der Straße, grüßt man sich stets mit einem sehr tief und lang gesprochenen „Adiiioooós“, dabei liegt die Betonung auf dem letzten O. Als Antwort darauf, kann man ein zweites Adiooooós entgegnen, oder aber auch mit einem
„Que honda, prix“ kontern, auf deutsch, was geht Kumpel.
Männer benutzen diese Art Adios auch gerne, um Frauen auf der Straße anzusprechen und leider übersetzen sie dieses Wort (wörtlich) ins Englische, was da goodbye wäre., sodass einem häufig ein eigenartig ausgesprochenes „goodbye“ hinterher gerufen wird.
7.Möchte man seinem Gesprächspartner, das Gegenteil seines Statements klar machen und sein eigenes bestärken, würde man sich in der deutschen Sprache, wahrscheinlich auf ein „Oh doch“, oder „Aber ja“ beziehen. In Nicaragua verweist man in diesem Falle auf den Ausdruck „Uhhhh si!“. Das Uhhhhh wird dabei sehr hoch, sehr lang und furchtbar spitz ausgesprochen. Wichtig ist, dass man mit der Stimme deutlich eine oder auch mehrere Tonarten höher geht.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Der erste Rundbrief

Ich weiß nicht genau wo ich diesen ersten Rundbrief, der euch über mein Projekt und meine Arbeit
hier an der Escuela Pública Wuppertal informieren soll, anfangen und enden lassen soll.
Ich werde es aber dennoch versuchen, euch die Schule und meine täglichen Aufgaben ein wenig
näher zu bringen.
Die Escuela Pública Wuppertal, in der ich für ein Jahr lang als Sport- und Englischlehrerin arbeite,
ist eine öffentliche Grundschule. Sie liegt am Rande Matagalpas, in einem recht armen Viertel, nur
wenige Meter hinter dem „Río Grande“, dem Fluss, der sich durch die Stadt schlängelt.
Die Schule ist klein, sie besteht gerade mal aus sechs Klassenzimmern und einem winzigen Büro.
Seit neustem gibt es nun eine Mini-Bibliothek, auf die die Schule sehr stolz ist und die den Kindern
die Möglichkeit bietet, an Bücher zu gelangen. Wie fast alles, was sich in der Schule befindet,
wurde auch diese Bibliothek durch Spenden finanziert. Die allgemeine Ausstattung der Schule ist
schlecht, für den Sportunterricht stehen beispielsweise lediglich zwei Bälle zur Verfügung, bei
denen die Luft schon fast raus ist.

[... den ganzen Rundbrief lesen]

Samstag, 9. Oktober 2010

Ausflugsbilder

                                                   Wasserfall "Santa Emilia"

                                                                  Im Dschungel
                                                                         Matagalpa

                                                                Vulkan von Masaya

Eine ereignisreiche Woche

Die vergangene Schulwoche war leider geprägt durch verschiedene, mehr oder weniger „tragische Ereignisse“, die sich nur so aneinander reihten und die ganze Schule, so wie mich auch, in Aufregung brachten.


Am Montag morgen, ich sitze gerade in der 2a und helfe in der „Clase de Lengua y Literatura“ mit, kommt plötzlich die Direktorin herein und erzählt, dass die Mutter von drei SchülernInnen der Schule, in der Nacht an Herzversagen gestorben sei.
Die betroffene Familie ist sehr arm, einen Vater gibt es nicht, von nun an werden wohl die großen Geschwister auf die kleineren Kinder aufpassen, vielleicht auch noch andere Verwandte.
Die Direktorin bittet die Lehrer und Kinder der Schule, etwas Geld für die Familie zu spenden. Insgesamt 120 Cordobar bekommen wir zusammen, umgerechnet weniger als 5 Euro.
Die Schule endet an diesem Tag bereits um elf Uhr, danach machen sich alle Lehrerinnen auf, um der betroffenen Familie das Geld zu überreichen.
Wir laufen also los, durchs Barrio. Die Lehrerinnen schützen sich mit Sonnenschirmen oder Heften vor der Hitze und unterhalten sich angeregt über den Morgen.
Nach nur wenigen Minuten kommen wir an der Hütte an, in der die Familie wohnt. Eine stämmige Frau steht in der Tür, Kinder springen umher, ich erkenne die drei Kinder aus der Schule.
Dann werden wir in die kleine Hütte hineingebeten. Erst beim Eintreten stelle ich entsetzt fest, dass in der Mitte des Raumes ein Sarg steht, in dem die verstorbene Frau liegt. Er ist mit Blumen und Kerzen geschmückt und nimmt viel Platz ein. Nacheinander treten die Lehrerinnen an den Sarg und nehmen danach auf den Plastikstühlen Platz, die im Zimmer verteilt sind.
Damit habe ich nicht gerechnet, als es hieß, dass wir der Familie im Namen der Schule das Geld überreichen würden. Ich bin geschockt und irgendwie wird mir die Situation ein bisschen viel. Es ist heiß, die Hütte ist überfüllt und ich fühle mich fehl am Platz, habe ich weder die Verstorbene gekannt noch ihre Familienangehörigen. Außer die drei Kinder, eher flüchtig aus dem Unterricht.
Ich stehe ein bisschen ratlos in der Tür herum und lasse alle vorgehen, die herein wollen. Dann ist kein Platzt mehr in dem engen Raum und ich setze mich mit ein paar anderen Lehrerinnen nach draußen, vor die Hütte. Die zwei Mädchen meiner Schule spielen mit anderen Kindern Ball, der Junge sitzt auf dem Bürgersteig und weint. Die Lehrerinnen neben mir unterhalten sich über ihren Unterricht, eine Frau kommt heraus und bietet uns rote Limonade und Schokokekse an. So sitzen wir dort für eine Weile und mir kommt es vor wie eine ganze Ewigkeit. Die Sonne scheint stark, die Kinder kaufen sich ein Eis beim Eisverkäufer, der mit seiner Karre vorbei kommt und spielen dann weiter. Ich rede ein bisschen mit der kleinen Tochter der stellvertretenden Direktorin und nippe an dem furchtbar süßen Getränk.
Drinnen scheinen sie sich angeregt zu unterhalten, ich möchte aber lieber nicht herein gehen. Zwei Frauen, die große Körbe auf dem Kopf balancieren kommen vorbei und gucken neugierig in die Hütte. Ob hier jemand gestorben sei, fragen sie. Ja. Dann gehen sie für ein Moment hinein, kommen wieder heraus und machen sich wieder auf den Weg, mit ihren Körben
Mir kommt das Ganze sehr komisch vor und ich frage mich, wie es generell gehandhabt wird, wenn in Nicaragua jemand stirbt
Endlich kommen die anderen Lehrerinnen aus der Hütte heraus, gemeinsam machen wir uns auf und treten den Rückweg an.


Am Dienstag habe ich die 1a in „Educacion Fisica“, in Sport unterrichtet, diese Klasse zum ersten Mal ganz alleine. Wie immer haben sie sich zu Anfang brav in zwei Reihen aufgestellt, Mädchen und Jungen in getrennt, um dann die Aufwärmübungen, die ich vormache nach zu machen. Sie haben sich wirklich gut benommen und auch die Armlänge Abstand zueinander eingehalten. Darauf, wird hier im Sportunterricht viel Wert gelegt.
Nach den Übungen haben wir dann einen kleinen Wettkampf gemacht, so ähnlich wie Staffellauf, aber mit Hüpfen, Rückwärtslaufen und anderen lustigen Bewegungen. Das ging auch noch relativ gut, mal abgesehen von den kleinen Streitereien, wer in der Reihe vorne stehen darf etc.
Aber, dann...dann habe ich ihnen das Spiel „Ketten-fangen“ erklärt, bei dem sich zwei Kinder an den Händen halten und versuchen die anderen Kinder zu fangen. Ist ein weiteres Kind gefangen, schließt es sich der Kette an und gemeinsam müssen die anderen Kinder gefangen werden. Hierbei liegt die Betonung auf GEMEINSAM.
Das schienen die kleinen ninos wohl irgendwie überhört zu haben, denn ihnen ging es nur darum wild herum zu laufen, irgendjemanden zu fangen und dann ganz feste zu drücken.
Dass es eher unklug ist, jeweils in verschiedene Richtungen zu laufen, wenn man sich gemeinsam an den Händen hält, hat sie anscheint auch nicht weiter gestört, und so fand ich mich nach nur wenigen Minuten in einem Haufen von schreienden Kindern wieder. Die Mädchen hatten sich alle in einer Ecke versteckt, die Jungens liefen ineinander und durcheinander, sodass ich nach zehn Minuten fünf heulende Kinder und drei Verletzte zu beruhigen hatte, während die anderen weiterhin vergnügt hin und her hopsten und sichtlich die wenige Zeit, in der sie ungestört rennen dürfen, genossen.
Nachdem ich das Kind mit dem roten Auge (ich frage mich wie er das geschafft hat) ins Büro gebracht hatte und die zwei, die mit dem Kopf zusammen gestoßen waren, sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, habe ich das Spiel dann abgebrochen und die Kinder sich wieder in den zwei Reihen aufstellen lassen. Sie waren ein wenig enttäuscht, hatte es ihnen doch so viel Spaß gemacht herum zu toben.
Aber auch ich bin ein wenig enttäuscht. Ich hatte Ketten-fangen immer als ein „nettes Laufspielchen“ in Erinnerungen und kann mich dabei an Verletzte nun wirklich nicht erinnern.
Außerdem finde ich es schade, dass die Kinder mit der Freiheit, die ich ihnen damit angeboten habe, nicht umgehen konnten. Ich hoffe sie lernen es mit der Zeit und besonders mehr im Team zu spielen/arbeiten.
Die Sportstunde fand dann noch ein „relativ“ harmonisches Ende und zwar mit den Atemübungen, die hier nach jeder Stunde gemacht werden, bevor die Kinder in einer Reihe wieder in den Klassenraum marschieren.


Als ich am Mittwoch morgen in die Schule kam, war dass kleine Büro stark überfüllt - mit Lehrerinnen, Kindern, Eltern, Großeltern....
Als ich meine Direktorin fragte, was denn passiert sei, fiel sie mir in die Arme und stöhnte, dass es schlimme Probleme für die Schule gebe.
Zur Erklärung: Vor einigen Wochen wurde eine mini-, wirklich eine klitzekleine Bibliothek für die Schüler eingerichtet. Dafür wurde ungefähr ein Viertel eines Klassenzimmers, mit einer Holzwand abgetrennt. In diesen Raum passen gerade mal ein Bücherregal und einige Stühle herein. Der andere Teil des Raumes wird weiterhin als Klassenzimmer genutzt. Obwohl die kleinste Klasse, mit 28 Kindern dort eingezogen ist, ist es dort nun sehr eng und die Kinder müssen sich dicht zusammen drängen, damit alle herein passen.
Von verschiedenen Spendern, hat die Schule bereits einige Bücher für die Bibliothek geschenkt bekommen. Meiner Meinung nach, ist diese Bibliothek eine wirklich gute Sache, denn die meisten Kinder haben, außer in der Schule, noch nie wirklich ein Buch gelesen. Sie haben kein Geld für Bücher oder es wird von ihren Eltern nicht als wichtig angesehen, dass die Kinder lesen. Insgesamt sind Bücher in Nicaragua Mangelware.
Durch die Bibliothek haben die Kinder nun die Möglichkeit, an Bücher zu gelangen, auch wenn sie sie nicht mit nach Hause nehmen dürfen, weil sie sonst verschwinden oder schnell kaputt gehen würden.
Diese Bibliothek hat insgesamt 2000 Cordobar gekostet, umgerechnet weniger als 150 Euro.
Geld, was die Schule aber nicht hat. Um die Bibliothek finanzieren zu können, haben sie neulich von jedem Schüler 10 Cordobar (vielleicht 30 Cent) eingesammelt, hat man ein Geschwisterkind auf der Schule, müssen die Eltern für jedes Kind nur 5 Crodobar zahlen.
Die meisten Kinder haben das Geld auch wirklich mitgebracht, nicht alle. Aber das war klar, denn viele Familien haben wirklich fast gar kein Geld, das weiß meine Direktorin und sie versteht es. Diese Kinder mussten nichts zahlen.
Die Mutter eines Schülers hat sich allerdings so stark darüber aufgeregt, dass die Schule von den Kindern Geld eingesammelt hat, dass sie sich an das Radio und an das nicaraguanische Fernsehen gewandt hat. Dort hat sie sich dann in aller Öffentlichkeit über die Direktorin beschwert und behauptet, dass die ganze Sache illegal sei und dass nun das Bildungsministerium eingeschaltet werden soll.
Nicht nur meine Direktorin, alle waren sehr aufgelöst am Dienstag.
Wie kann jemand, der so etwas tut, nachts gut schlafen? Wo hat diese Frau ihr Herz?, fragte die Subdirektorin immer wieder und plötzlich wurde die ganze Sache zu einem riesigen Thema.
Eltern kamen und versicherten, dass sie auf der Seite der Schule stehen würden und ihre Meinung nun auch in der Presse kundgeben wollen.
Gegen elf Uhr kam dann also das Radio zu uns, in die Schule. Lehrer wurden interviewt, Eltern, Schüler, alles war ein Drama.
Mi corazón, es gibt viele Probleme...“ stöhnte meine Direktorin immer wieder und an diesem Tag nahm sie mich besonders oft in den Arme, noch mehr als sonst. Sie tat mir Leid, denn sie steckt viel Arbeit in die Schule und kümmert sich wirklich um fast alles, zusammen mit der zweiten Direktorin.
Die Radiofrau wollte alles wissen; wann die Schule gegründet wurde, wie viele Schüler es hier gäbe, wie viele davon Jungs und wie viele Mädchen sein, und die Lehrer, wie viele Lehrer es denn gäbe. Und nein echt, es unterrichtet wirklich nur ein Mann an der Schule? Dann wollte sie wissen wie ich heiße, was ich mache, woher ich komme. Ah, oh, wie interessant, aber mein Nachname wäre nun wirklich zu schwer, Maren reicht völlig für den Bericht.
Fragen über Fragen und immer wieder sprach sie sehr wichtig in ihr kleines Mikrofon herein.

Am Donnerstag, habe ich erfahren, dass ich ab nun an die 2a und die 2b zusammen unterrichten soll. Da stand ich dann also, mit 60 Kindern, bei 30 Grad, mit zwei kaputten Bällen und sehr wenig Platz. Zum Glück, kam mir eine zweite Lehrerin zur Hilfe, sodass alles recht gut verlief.
Als ich dann völlig geschafft ins Büro kam, um die Bälle weg zu bringen und ein bisschen mit meiner Direktorin zu plaudern, stand der Vater einer Viertklässlerin in der Tür und berichtete, dass er seine Tochter nun schon seit ein paar Tagen vermissen würden. Angeblich würde die Polizei nach dem zwölfjährigen Mädchen suchen. Aber bis jetzt ist sie noch nicht wieder aufgetaucht.

Der Freitag verlief „normal“. Keine schlimmen Ereignisse, keine traurigen Neuigkeiten, alles war friedlich und ruhig. Was ich am erstaunlichsten fand war, dass die Ereignisse der Woche überhaupt nicht Thema waren. Keiner hat darüber geredet, keiner schien traurig oder geschafft zu sein. Morgens wurde die Nationalhymne gesungen, dann war Unterricht, danach eine Lehrerbesprechung. Alles lief weiter seine gewohnten Wege, alles funktionierte wie immer. Und auch ich habe wie immer unterrichtet, Dokumente am Computer abgetippt und Reis mit Bohnen an die Kinder verteilt, so wie jeden Tag.
Gerade merke ich, wie anstrengend diese Woche eigentlich war und dass sie mich wohl noch etwas länger beschäftigen wird.

Leben in Matagalpa

                                                                Unsere Häuser
                                                         Ausblick auf die Berge
                                                Die calle central, immer etwas los
                                   Die Brücke zur Uni, heute eher weniger in Gebrauch
                                                 Toni und ich bekämpfen die Flut

Winter in Mittelamerika

Der Oktober hat begonnen und damit auch der regenreichste, und einer der kältesten Monate in Nicaragua. Zurzeit regnet es sehr viel, mehrmals am Tag. Die Abflüsse können das viele Wasser oft gar nicht mehr aufnehmen.
Zur Schule kommen bei diesem Wetter immer weniger Kinder. Ihr Schulweg ist teilweise sehr lang, viele von ihnen wohnen in den Bergen und bei Regen und Nässe ist es fast unmöglich für sie, zur Schule zu gelangen. Außerdem haben ihre Eltern häufig angst um sie, wenn sie den Fluss, den „Rio Grande“ auf ihrem Schulweg überqueren müssen.
Dieser Fluss, den ich noch vor zwei Monaten als größeres „Bächlein“ wahrgenommen habe, verwandelt sich nach starken Regenfällen in einen großen, reißenden Fluss, der alles mit sich mit zieht, was nur in seine Nähe gelangt.
Bei extremen Regen steigt er hoch, tritt über die Ufer, und die Hütten, die an seinem Rand erbaut sind, werden überschwemmt. Das erzählen auch die Kinder in der Schule, wenn gerade ihr Haus mal wieder unter Wasser steht.
Viele der Kindern kommen bei diesem Wetter in Winterkleidung zur Schule, obwohl es immer noch über 15 Grad ist, meistens jedenfalls.
Aber auch ich merke, dass ich mich schon an das tropische Klima hier gewöhnt habe und stöhne genau wie die anderen, wenn das Thermometer weniger als 20 Grad anzeigt.
Das ich bereits bei solchen Temperaturen frieren würde, hätte ich nie gedacht.
Genauso merkwürdig fühlt es sich an, die frühe Weihnachtsdekoration, inklusive Weihnachtsmann, grünen Tannenzweigen und co, in einigen Geschäften auf der calle central zu sehen.

Freitag, 1. Oktober 2010

Casa Abierta (Duo Guardabarranco)

Aquí esta mi casa abierta
hay un plato por ti en nuestra mesa
sombra de ábrol para tu cabeza
libro abierto tu vida mi puerta

Casa abierta
la amistad no cuestiona tu credo
la tierra le gusta que amemos
sin distingo de culto y bandera
casa abierta……

Samstag, 25. September 2010

September - ein wichtiger Monat

Der Monat September hat in Nicaragua eine ganz besondere Bedeutung, denn am 15.09.1821 wurde Nicaragua unabhängig. Unabhängig von der damals herrschenden spanischen Kolonialmacht. Allerdings traten daraufhin innerhalb Nicaraguas einige politische Spannungen auf, hauptsächlich zwischen den liberalen und den konservativen Parteien. 1855 wurde der US-amerikanische Militärmann Wiliam Walker, von der liberalen Partei Nicaraguas zur Hilfe gerufen und intervenierte daraufhin mit Hilfe seiner 57 Söldner in diesem Konflikt. 1856 übernahm Walker dann die Macht, erklärte sich selbst zum Präsidenten Nicaraguas und wurde als neues Staatsoberhaupt auch von den USA anerkannt. Walker versuchte infolge dessen, genauso die anderen Mittelamerikanischenstaaten zu erobern und sie den USA einzuverleiben. Daraufhin schlossen sich schließlich, die bis dahin uneinigen Parteien Nicaraguas zusammen und bekämpften zusammen mit weiteren mittelamerikanischen Truppen, die amerikanischen Söldner. Am 14.09.1865 fand die Entscheidungsschlacht „La Batalla de San Jacinto“, nördlich von Managua statt. Nicaragua war den Gegnern deutlich unterlegen, da sie keine guten Waffen besaßen. Überraschenderweise gewannen sie die Schlacht aber doch und heute spricht man von zwei historischen Momenten. Als die Nicaraguaner in die Defensive gedrängt wurden, kamen ihre Pferde frei und errschreckten durch das laute Getrampel die Söldner, die eine feindlich Kavallerie erwarteten und sich deswegen zurück zogen. Noch berühmter ist das historische Ereignis des Andrés Castro. Seine Waffe ging im Kampf kaputt, aber durch seinen berühmten Steinwurf tötete er einige der Söldner. Es gibt heute sehr viele Statuen von ihm, hier in Nicaragua.

Seit Wochen wird nun in den Schulen Nicaraguas, auf diese besonderen Feiertage hingearbeitet. Jeden Morgen gibt es auch in meiner Schule eine besondere Versammlung. Alle Schüler müssen sich in geordneten Reihen auf dem kleinen Schulhof aufstellen und dann hält eine Lehrerin einen etwa dreißig minütigen Vortrag. Und zwar über Themen wie die Verfassung, die Revolution, die Nationalsymbole Nicaraguas und so weiter. So soll es zumindestens in der Theorie aussehen.

Wenn die Klingel aber morgens, wie immer manuell, um mehr oder weniger 7.30 geläutet wird, sind noch längst nicht alle Kinder da. Dafür kommen gerne einige Eltern, Großeltern oder kleine Geschwisterkinder mit. Es herrscht viel Trubel und dem Vortrag wird in der Regel nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Kinder werden immer wieder aufs Neue von den aufpassenden Lehrerinnen ermahnt. Sie werden aus der Reihe gezogen und ans andere Ende gestellt, während die Lehrerinnen selber miteinander tuscheln oder mal wieder irgendwo ein Handy hartnäckig vor sich hin klingelt. Manchmal verirrt sich ein abgemagerter Straßenhund auf das winzige Schulgelände, wild gestikulierend wird er durch das große Eisentor heraus gescheucht.

Ich kann es den kleinen Erstklässlern (und auch den anderen) nicht gerade übel nehmen, wenn sie sich unterhalten, anfangen herum zu springen oder sich lieber mit ihren mitgebrachten Spielzeugen beschäftigen. Ab und zu wirft die vortragende Lehrerin eine Frage in den Raum, worauf viele Kinder verschiedene Wörter, wie aus der Pistole geschossen, zurück brüllen. Allerdings werden dabei häufig Daniel Ortega (Nicaraguas Präsident), die Sadinisten oder die auch die ganze Regierung, mit Reuben Darío (dem berühmtesten Dichter Nicaraguas), oder gar dem eigenen Papa, bzw. Großvater verwechselt. Zum Schluss wird die Nationalhymne gesungen, „Salva ti Nicaragua!“. „Und es heißt nicht micolor, es heißt bicolor!“, prägt die Lehrerin den Kindern noch einmal ein, bevor sich alle zur Fahne drehen und mit dem Arm an der Brust die Nationalhymne singen. Sie singen laut, ein wenig schief, ich brauche ein bisschen um die richtige Melodie zu erkennen. Es ist herrlich zu sehen, wie sehr sie sich Mühe geben beim singen, und dann gibt es diese kleinen Augenblicke, in denen mich manche Kinder voller Stolz anlächeln und sich dann wieder ganz schnell zur Fahne drehen. Als letztes Lied ist immer das Alphabetisierungslied an der Reihe, welches vor allem durch Ortegas Kampagne heute an den Schulen Pflicht ist. Die Kinder reißen ihre kleinen Fäuste hoch und schreien laut “Faust hoch, Buch aufgeschlagen!”.

Auf Grund der Feiertage wurde in den letzten Wochen hart und ehrgeizig geübt, bei Hitze und bei Regen. Denn auf Grund des Unabhängigkeitstages finden hier in Nicaragua immer verschiedene Paraden statt. Die Schüler haben geübt zu maschieren, zu tanzen, mit Stöcken herumzuschwingen, zu trommeln und noch mehr zu trommeln. Sie spielen die Nationalhymne und dann Lieder wie “Waka Waka”. Im Unterricht versteht man zu diesen Zeiten sein eigenes Wort nicht mehr und eigentlich findet auch gar kein Unterricht statt, weil die Hälfte der Klasse vor sich hin maschiert und die anderen auf der Straße sitzen und zu gucken. Als dann auch noch die passenen Kostüme dazu kommen, sind alle begeistert und freuen sich sehr auf diesen Tag. Ich freue mich auch. Ich freue mich darauf mit ihnen gemeinsam durch die Straßen Matagalpas zu laufen, auch wenn ich von der lauten Marschmusik und den kleinen maschierenden Kindern (für richtiges Maschieren bekommt man hier sogar Noten) ein wenig genervt bin. Aber ich merke, wie viel es den Kindern, Lehrern, Eltern und eigentlich allen hier bedeuted und dadurch ein gewisses Gemeinschaftsgefühl und ja, auch so etwas wie National- und Schulstolz entsteht. Ich finde es gut, ihnen zu zeigen, dass ich mich dafür interessiere und mich der Schule zugehörig fühle.

Doch leider ist aus der ganzen Sache für mich nichts geworden. Denn kurz vorher wurde ich sehr krank und konnte mich vor hohem Fieber kaum noch bewegen. Ich habe an diesem Tag, am 14.09, noch sehr viel an meine Schule gedacht und war enttäuscht, dass ich nicht mit ihnen mitlaufen konnte. Am Abend rief mich Norma, die Direktorin der Schule an, um sich zu erkundigen wie es mir geht. Ich sagte, dass es mir besser gehe aber ich traurig sei, dass ich nicht mit laufen konnte. Da sagte sie, dass das wohl auch besser gewesen sei. Zuerst sind sie nämlich vor Hitze fast gestorben und dann im Regen fast ertrunken. Wie schade.

Am 15.09, am Unabhängigkeitstag hatte alles geschlossen, sogar die meisten Läden, obwohl sie auch sonntags immer auf haben. Und auch die ganze restliche Woche war frei, keine Schule.

Heute ist schon wieder keine Schule, denn heute wird die Patronin von Matagalpa gefeiert. Es wird auch für sie getrommelt, getanzt, gegessen, gelacht, Feuerwerke werden gezündet und irgendwie erinnert mich das alles ein wenig an Karneval, als ich und ein paar Freunde den Umzug durch die Straßen Matagalpas gebannt verfolgen.

Freitag, 24. September 2010

Lo siento!

Ihr Lieben,

es tut mir wirklich Leid, dass sich das Gesicht dieser Seite ständig wandelt und die ganze Sache ein wenig chaotisch wirkt. Ich arbeite dran! Versuche gerade ein angemessenes Layout zu finden, um auch mal Fotos einbauen zu können, aber irgendwie will der Computer nicht so wie ich.

Ich bleibe aber weiterhin hartnäckig und bald, ihr werdet sehen, wird diese Seite (hoffentlich) ein bisschen besser aus sehen. Bis dahin, entschuldigt bitte das Durcheinander!

Que Rico!

Ich wollte euch nur mal kurz wissen lassen, dass es mir hier nicht an frischem Joghurt fehlt!
Eine Bekannte aus der Sprachschule hat Freunde, die eine Finca besitzen und auch selber Joghurt herstellen. Einmal in der Woche kommen sie in die Stadt und ich bekomme zwei Liter frischen und suuuuuuper leckeren Joghurt, für nur 100 Cordobar. Das finde ich gut!

Dienstag, 21. September 2010

Bis ans Meer und zurück


Vor ein paar Wochen wurden ich und Janek vom Reisefieber gepackt, so dass wir spontan beschlossen nach León zu reisen und von da aus dann ans Meer, an den Pazifik.
Nach über zwei Stunden Busfahrt kamen wir dann in Las Penitas an, ein kleines Fischerdörfchen, recht nördlich in Nicaragua gelegen, welches auch sehr gerne von Touristen auf gesucht wird.
Es gibt schöne Strände, mit riesigen Wellen, die Luft ist erdrückend heiß, man sieht Leute surfen, Reggeaton musik dudelt aus den Hütten, Fischer begutachten ihren frischen Fang und irgendwie erinnert mich das Ganze ziemlich wenig an den lauten und chaotischen, alltäglichen Trubel in Matagalpa.
Vielmehr macht sich das Gefühl von Urlaub breit und auch das Hostel für welches wir uns schließlich entscheiden, begrüßt uns durch ein sehr gelassenes, warmes Ambiente.
Papageien und Palmen, bunte Wandgemälde und Hängematten und natürlich die gigantische Aussicht auf den Pazifik, kreieren ein Nahe zu perfektes Urlaubsfeeling.
Ich und Janek beziehen eines der Dormrooms, in dem sich schon eine Amerikanerin, ein Holländer und eine Französin nieder gelassen haben.
Nach einem sehr typischen und eher spätem Frühstück mit Gallo Pinto (Reis mit Bohnen), Käse, Ei, Tortilla und einem frischen Pitahayasaft, entschließen wir uns dazu, eine der angebotenen Touren zu machen. Für zehn Dollar, würde uns ein Guide durch das nahe gelegene Naturreservat führen, in dem es nicht nur viele Pflanzen, sondern auch wilde Tiere gibt, angeblich auch Krokodile.
Allerdings sagt der Guide uns, dass es ihm um diese Uhrzeit zu gefährlich wäre mit uns die Tour zu machen, außerdem bräuchten wir Gummistiefel und sowieso sei es gerade viel zu heiß dafür. Aber wenn wir Lust hätten, könnten wir (auch) alleine zu der kleinen Insel ca. 200m entfernt, gegenüber von unserer Strandseite gelegen, laufen. Dort sei es auch sehr schön und überhaupt nicht gefährlich, sagt er, solange wir am Wasser gehen und uns nicht ins Gebüsch wagen. Klar, warum nicht!
Das einzige Problemchen ist, dass zwischen der Insel und unserer Strandseite Wasser liegt, genauer gesagt gibt es da eine kleine Bucht, die weiter hinten ins Meer mündet.
Alles kein Problem, sagt der Guide, man könne bei Ebbe durch die Bucht laufen, es sei überhaupt nicht tief. Wir sollten aber noch ein bisschen warten, bis das Wasser ein wenig zurück geht.
Gut….., an manchen Stellen geht es einem wohl bis zur Hüfte, dass Wasser, fügt er nach einer kleinen Pause hinzu. Und ob wir die Kamera mitnehmen könnten, fragen wir.
Mmmhhh, das wird schwierig. An manchen Stellen kann es vielleicht auch sein, dass ihr ein kleines bisschen mehr nass werdet. Also, eigentlich müsst ihr auch schwimmen können, aber die kann man ja hoch halten, die Kamera.
Wir beschließen sie nicht mit zu nehmen und uns trotz der dürftigen Auskunft zu der Insel zu wagen.
Gegen Mittag laufen wir dann also los, in Kleidern. Das Wasser ist unglaublich warm und in der Bucht dümpeln Boote vor sich hin, Männer fischen, Kinder plantschen im Wasser, ein paar sehr Mutige versuchen in den riesigen Wellen weiter hinten im Meer zu surfen.
Das Wasser wird tiefer und schon sehr bald kann ich nicht mehr stehen! Wir schwimmen also zur Insel herüber und machen uns gegenseitig Angst, vor den Krokodilen und diesen furchtbar gefährlichen Tieren, die es hier angeblich gibt. Ganz nass kommen wir dann auf der Insel an, aber die Sonne ist heiß und trocknet uns schnell. Auf der Insel ist es leer, keine Menschen weit und breit, nur Echsen, Vögel, Mücken und Müll, der vom Meer angespült wurde und den schönen weißen Strand ein wenig traurig aussehen lässt. Wir laufen am Wasser entlang. Und nach einer halben Stunde etwa, treffen wir auf eine Hand voll, arbeitender Leute. Sie bauen eine Hütte aus Holz und getrocknet Bananenblättern. Wir werden herzlich begrüßt und der eine Mann beginnt uns einen kleinen Vortrag zu halten. Hier gibt es wilde Schildkröten, erzählt er. Sie kommen immer nachts heraus und vergraben ihre Eier im Sand. Aber es gibt viele böse Menschen, die auch schon die kleinen Schildkröten fangen und aus ihrem Panzer zum Beispiel Schmuck herstellen. Daher würden sie jetzt eine Unterstand für sie bauen.
Schließlich machen wir uns wieder auf den Rückweg und bewundern die Schönheit des wilden Meeres. Wir schwimmen die paar Hundertmeter wieder zurück, aber die Strömung scheint stärker geworden zu sein. Plötzlich kommen wir nicht mehr gegen sie an. Wir müssen uns zurücktreiben lassen und klammern uns schließlich bei der nächsten Möglichkeit am Ufer fest. Sehr nass, aber glücklich kehren wir zurück. Abends essen wir frischen Fisch unter Palmen und genießen den Sonnenuntergang von unseren Hängematten aus.
Am nächsten Morgen machen wir uns dann auf nach León, die Studentenstadt Nicaraguas.
Dort schlendern wir ein wenig durch die Stadt, über einen sehr touristischen, aber schönen Markt, hören einem Gottesdienst in der alten Kathedrale zu und retten uns schließlich vor der Hitze in ein Insektenmuseum. Dass heißt, ein älterer Mann führt uns durch sein Haus und zeigt uns stolz seine gesammelten Käfer, Spinnen, Mücken, Schmetterlinge und alles was sonst noch so kriecht und fliegt. Sehr beeindruckend, finden wir. Doch als er uns erzählt, dass die giftigste von allen Spinnen vor ca. 3 Jahren abgehauen ist, sie wohl hier noch irgendwo herumlaufen würde, aber der Mann sie einfach nicht finden kann, bekommen wir ein wenig Angst und beschließen die Rückreise anzutreten.
Der Busbahnhof in León ist chaotisch. Busse, Taxis, Verkäufer, Reisende, Kinder, Hunde, Pferde, Müll, Lärm und Dreck- alles tummelt sich irgendiwe wild durcheinander.
Aber unseren Bus finden wir schnell, denn die Auskünfte der Busfahrer sind nicht zu überhören „Matagalpa, Matagalpa, Matagalpa, Matagalpa, Matagalpa….!!!“, schreit ein Mann uns in einem Affentempo an (gar nicht so leicht, probiert das mal aus). Natürlich werden wir auch von den anderen Busfahrern, mit ihren Zielorten genauso angeschrien.
Aber wir finden den richtigen Bus und es fühlt sich schon ein wenig nach zu Hause an, als wir nach der langen Busfahrt endlich in unser Stadt, in Matagalpa ankommen.

Kräuterstunde


Die Bakterien, die hier in Nicaragua so herumlungern und gerne hilflose Touristen oder auch hilflose Freiwillige anfallen, sind andere als die, die in Deutschland ihr Unwesen treiben. Und deswegen müssen wir Europäer uns erst einmal an diese hartnäckigen Biester gewöhnen, dass versucht mein Magen zu mindestens nun schon eine ganze Weile.
Als ich meiner Sprachlehrerin und gleichzeitig auch Freundin davon berichte, erzählt sie mir, dass sie da jemanden kennen würde, der sich mit „so etwas“ auskennt. Grundsätzlich kennt man in Nicaragua für jedes „Problem“ immer jemanden, der jemanden kennt, der jemanden anderen wieder herum kennt, der vielleicht die Lösung dafür haben könnte.
Hierbei handele es sich um eine Frau, zu der auch sie immer gehen würde, wenn es ihr nicht gut geht. Denn auch die Nicas selber, bleiben von den zahlreichen Bakterien hier, nicht verschont.
Ehe ich mich versehe, schleppt sie mich also durch die halbe Stadt, bis wir vor einem sehr sehr kleinen grünen Häuschen stehen. Meine Freundin verabschiedet sich auf einmal von mir, denn sie hat noch sooo viel zu tun und so betrete ich etwas schüchtern und alleine die kleine Hütte, die am Hang eines sehr steilen Berges liegt. Große Regale, vollgestopft mit Kerzen und Kräutern lassen das winzige Zimmer aussehen, als würde es gleich platzen. Plötzlich steht eine kleine Frau vor mir, sie sieht europäisch aus und spricht mit spanischem Akzent.
Ich fange also an ihr meine Beschwerden zu erklären, zu mindestens versuche ich es, ihr Blick durchlöchert mich dabei förmlich und ich werde mir mit jeder Sekunde selber unsicherer, was ich denn nun eigentlich habe. Schließlich guckt sie mich ein wenig ratlos an und bittet mich durch, in ein noch viel winzigeres Hinterzimmer, in dem nur eine Liege steht. Auf die soll ich mich drauf setzen. Meine Tasche muss in einen anderen Raum, auch meine Armbänder und Ohrringe. Dann nimmt sie meine Hand und legt sie auf verschiedene beschriebene Papierblätter. Immer wenn sie meine Hand herunterdrückt schaut sie mich an, aber wie! Es fühlt sich ein wenig beängstigend an und ich würde gerne drauf los kichern, aber das traue ich mich nicht.
Ich weiß nicht was du hast, aber es sind keine Parasiten, sagt sie mir schließlich. Und ich weiß nicht, ob ich erleichtert oder weiterhin ein wenig beunruhigt sein soll. Dann verschwindet sie bei den Regalen und kommt mit einem Arm voll, verschiedenster Kräutertütchen wieder zurück. Eine zweite, noch kleinere Frau taucht auf und hält mir eine Art Metall-Stab an die Schulter. Die beiden Frauen reiben sich gegenseitig an den Händen und legen mir die Kräuter in die Hand, dass machen sie eine ganze Weile so. Immer wieder seufzt die Spanierin und schüttelt mit dem Kopf.
Dann ist sie wieder weg, kehrt schnell mit neuen Kräutern zurück und die ganze Prozedur wird wiederholt. Sie mischt zwei verschiedene Kräuter und scheint nun endlich zufrieden zu sein.
Ja, das sind die richtigen für dich, sagt sie und ich muss an die Szene in Harry Potter denken, in der Harry seinen Zauberstab kauft. Die Läden teilen jedenfalls einiges an Ähnlichkeiten, sehr urig.
Von diesen Kräutern, die ich übrigens noch nie gesehen habe und überhaupt nicht weiß, was sie sein könnten, soll ich mir täglich einen Liter Tee kochen, dann soll es meinem Magen schnell besser gehen. Ich bedanke mich und bin froh, als ich den Laden verlassen kann und mir wieder Tageslicht ins Gesicht scheint. Jetzt trinke ich also jeden Tag diesen Tee und warte auf seine Zauberwirkung.

Managua

Managua, die Hauptstadt Nicaraguas ist eine eigenartige und sehr spezielle Stadt. Sie ist groß, voll, heiß, laut, dreckig, chaotisch sehr reich und furchtbar arm. In Managua kann man teure Autos neben halb auseinander fallenden Pferdekutschen, über große Straßen fahren sehen. Es gibt westlich wirkende, bewachte Einkaufszentren, sogar ein McDonalds und daneben Hütten, die notdürftig und provisorisch aus Holz und Wellblech zusammen genagelt wurden. Es gibt Kinos, Bars und sogar ein Theater, aber ein Zentrum gibt es nicht. Managua besteht aus vielen großen, parallel liegenden Straßen und besitzt keine Innenstadt. An dieser Stadt wird ziemlich deutlich, dass es in Nicaragua so gut wie keine Mittelschicht gibt. Entweder man ist sehr reich und kommt sogar in die klimatisierte Shoppingmall rein oder man ist arm und hat fast nichts.
Managua ist zwar die sicherste Hauptstadt Zentralamerikas, aber trotzdem werden wir immer davor gewarnt, dort nicht frei herum zu laufen und nur ein Taxi seguro- ein sicheres Taxi zu benutzen.
Genau das machen wir auch, als wir vor ca. drei Wochen nach Mangua reisen, um unser Jahresvisum in der Deutschen Botschaft zu beantragen.
Der (sichere) Taxifahrer kutschiert uns also vom Busbahnhof durch die halbe Stadt bis zur Botschaft. Er ist sehr nett und erzählt viel, aber der Trubel auf den Straßen interessiert mich mehr und so schaue ich gebannt aus dem Fenster.
Dass, die Nicaraguaner ein etwas anderes Lärmempfinden haben, habe ich wohl schon mitbekommen und trotzdem bin ich erstaunt, als ich am Straßenrand ein kleines Kind tief schlafend in einer Hängematte sehe, als unser Taxi an einer riesigen Kreuzung für einen Moment anhält. Es wird gehupt, gebrüllt, dazwischen preisen einzelne Verkäufer lautstark ihre Ware an und schlängeln sich von Auto zu Auto. Es ist ja nicht so, dass ich jetzt unbedingt eine Matratze, Hängematte oder einen großen Topf kaufen wollte, während ich im Taxi sitze. Aber wenn man mal in Not ist und gerade keine Matratze hat, kann das bestimmt ganz praktisch sein.
Als wir wieder anfahren, sehe ich auf der anderen Straßenseite einen alten Mann sitzen, der seelenruhig seine Zeitung liest. Dann wird der Zug vom Wind zu stark und ich kurble das Fenster wieder hoch. Wo in Managua die Regierung denn säße, fragt Janek den Taxifahrer. Da muss er ein wenig überlegen. Schließlich antwortet er, dass es am See zwar ein offizielles Gebäude gäbe, für Staatsempfänge und so. Aber sonst benutze diese Regierung es nicht. Sie treffen sich meistens bei einem der Politiker zu Hause, erklärt uns der kleine Mann, für den das ziemlich selbstverständlich scheint. Ich finde diese Idee komisch.
Endlich kommen wir an der Botschaft an und aus dem stickigen, alten Taxi heraus. Wir sollen ihn anrufen, wenn wir wieder abgeholt werden möchten. Dann ist er sofort da, beteuert uns der Taxifahrer. Wir notieren uns also seine Nummer und gehen in die Botschaft. Naja, erstmal versuchen wir durch die Sicherheitsschranke zu gelangen, die einfach nicht aufhören will zu piepen. Ob wir Waffen mit haben werden wir gefragt. Nein. Dann müssen wir allerhand Zeugs auspacken und piepen immer noch, aber nach einiger Zeit werden wir dann trotzdem durchgelassen und betreten endlich die Botschaft. Es ist angenehm klimatisiert, Poster über Deutschland hängen an den Wänden und man hört deutsche Stimmen- irgendwie komisch. Die Formulare, die wir noch in letzter Minute aufwändig in Deutschland organisiert hatten, werden nicht gebraucht. Dafür zwei Passfotos. Janek, Larissa und ich haben uns am Tag vorher noch schnell welche in Matagalpa machen lassen, eine sehr lustige Erfahrung. Janek wurde vor dem Fotografieren extra noch geschminkt, wir mussten Jacketts anziehen und die Haare ganz zurück kämmen. Danach wurde das Bild noch auf dem Computer bearbeitet und aufgehellt. Als ich mein Foto zum ersten mal sah, habe ich mich schon ein wenig erschrocken, denn ich ähnele darauf einer Leiche ungemein.
Die zuständige Frau in der Botschaft, die ein wenig aussieht wie eine Fantasiefigur aus „Herr Der Ringe“ (Janek, das habe ich für dich geschrieben), nimmt geduldig unsere Daten auf und spricht mit einem süddeutschen Akzent.
Eine alte Frau wartet neben uns und drei weiteren Freiwilligen. Sie fragt uns allerhand und erzählt uns allerhand, zum Beispiel, dass sie schon seit 50 Jahren hier in Nicaragua lebt. Das finde ich schon sehr beeindruckend. Schließlich werden wir dann noch zum Essen zu ihr nach Hause eingeladen und wir sollen doch Deutschland schöne Grüße von ihr bestellen, wenn wir wieder zurück fahren.
Dann sind wir auch schon mit allem fertig und können unser Visum in 4 Wochen abholen. Wir rufen den Taxifahrer an, der uns sagt, dass er schon fast bei uns um die Ecke ist und warten trotzdem noch geschätzte dreißig Minuten, bis er uns schließlich abholen kommt.
In Managua sind halt auch die Ecken etwas größer.

Das Monsterauto


Es ist Samstag Abend, mal wieder regnet es, aber so richtig fängt es natürlich erst in dem Augenblick an, als ich mit einer Freundin das Haus verlasse und wir uns auf den Weg nach „Grupo Venancia“ machen. Grupo Venancia ist eine Frauenorganisation, die auch so etwas wie ein kulturelles Zentrum besitzen. Wenn man Kultur sucht in Matagalpa, dann kann man nur dort etwas finden. Jedes Wochenende werden Filme gezeigt, es gibt Theaterstücke oder Vorträge. Es ist fast immer etwas los und gutes Essen gibt es dort auch.
An diesem Abend haben wir noch nicht einmal die Hälfte des Weges zurück gelegt und sind schon total nass. Es ist nicht viel los auf den schwach beleuchteten Straßen. Musik ertönt aus jedem zweiten Haus, Menschen begutachten das Geschehen auf den Straßen von ihren Wohnzimmern aus. Türen und „Fenster“, so fern es welche gibt, sind hier eigentlich nie geschlossen. Gardinen kennt man nicht. Ich bin neugierig und gucke ab und zu in eines der Häuser herein:
Eine alte Frau sitzt vor ihrem sehr, wirklich sehr laut eingestellten Radio, man könnte meinen es findet ein Party statt und lächelt vor sich hin.
Im nächsten Haus sitzt die ganze Familie verstreut auf dem Boden und auf Stühlen. Sie essen zusammen aus der gleichen Schüssel, in Nicaragua teilt man das Essen immer.
Ein Haus weiter wippt ein alter Mann in seinem Schaukelstuhl langsam vor und zurück, während sein Enkel, das Motorrad startet, welches mitten, wirklich mitten im Wohnzimmer steht.
Ich muss schmunzeln und wir laufen weiter, hangeln uns von Vordach zu Vordach und versuchen nicht noch nasser zu werden.
Bis plötzlich meine Freundin stehen bleibt und laut „Nein!“ ruft. Was denn los wäre, frage ich verdutzt. Aber es bleibt keine Zeit auf meine Frage zu antworten. Sie zeigt bloß mit dem Finger auf eins sehr, wirklich fast überdimensionales Auto, das uns auf unserer Straßenseite entgegen kommt und die Hauswände mit einer seltsamen Flüssigkeit ab zu sprühen scheint.
Schnell, an die Wand!“, schreit sie mich an. Wir drücken uns dicht an die Wand des Hauses vor dem wir gerade stehen, mit den Händen schützen wir unsere Augen und ich frage mich, was jetzt wohl als nächstes passiert. Darauf muss ich nicht lange warten, denn im nächsten Augenblick hat das Riesenauto unsere Höhe erreicht und wir werden, genau wie die Häuser ab gesprüht, mit einer mir bis dahin unbekannten Substanz. Als das Auto vorbei gefahren ist, ist die Luft von Gas erfüllt und wir müssen beide stark husten. Es stinkt nach Chemie und ich sehe, wie sich das Gas in der Luft langsam auflöst.
Was war das?“ frage ich ziemlich erschrocken. „Ein Insektenvernichtungsmittel - die sprühen damit immer die Häuser ab, um lästige Insekten zu töten.“
Nicht nur nass, sondern auch nach Insektenvertilgungsmittel riechend, kommen wir schließlich an unserem Ziel an. Das Theaterstück ist diesmal sehr gut. (Eine Vorstellung von zwei argentinischen Künstlern, die mit dem Fahrrad bis nach Nicaragua hoch gefahren sind.)
Aber trotzdem ärgere ich mich, dass das Auto nicht anhalten konnte oder uns vorbei gelassen hat, denn der Fahrer hat uns eindeutig gesehen.
Wenigstens kann ich sicher sein, dass ich an diesem Abend nicht mehr von Kakerlaken oder anderem gefährlichen Getier angefallen werde.

Freitag, 27. August 2010

Nicaragua - das zweitärmste Land Lateinamerikas

Ich sitze im Café Latino. Draußen regnet es sehr sehr stark, wie jeden Tag während der Regenzeit. Ich schlürfe an meinem eisgekühlten Mangosaft und schreibe ein paar e-mails. Das Café wird angenehm klimatisiert, Musik dudelt von irgendwo her, wie überall hier in Nicaragua. Immer ist Musik zu hören oder irgendwelche anderen Geräusche. Plötzlich wird die Tür aufgerissen. Vier Kinder stürmen herein und rennen von Tisch zu Tisch. „Nur ein Peso, bitte!“, rufen sie laut und zeigen mit ihren kleinen Kindern gekonnt was sie wollen. Sie tragen keine Schuhe, ihre Kleidung ist kaputt. Keiner der Gäste beachtet die Kinder. Interessiert schauen sie sich die Laptops mancher Gäste an und laufen wild im Café herum. Sie kommen zu mir und wollen etwas von meinem Getränk haben. Ich gebe ihnen ein Bonbon, dann laufen sie zum nächsten Tisch. Der kleine Junge durchsucht den großen Plastikmülleimer des Cafés und fischt einen halbvollen Eisbecher heraus. Die Kellnerin scheucht die Kinder wild gestikulierend in Richtung Ausgang. Ein Junge kehrt um und versucht den Mülleimer um zuschmeißen. Gekonnt hält die kleine Kellnerin den Mülleimer fest. Dann rennen alle Kinder raus. Ich gucke ihnen nach, wie sie die befahrene Hauptstraße überqueren, ohne Schuhe. Sie verschwinden im Park und im Café ist nun wieder das Dudeln der Musik zu hören. Die Kellnerin wischt einmal durch. Keiner der Gäste schaut von seinem Laptop hoch. Ich versuche meine angefangene Mail zu ende zu schreiben, aber so richtig konzentrieren kann ich mich jetzt nicht mehr

Busfahren in Nicaragua

Wenn man in Nicaragua mit dem Bus fährt, dann ist das immer ein Erlebnis. Die Infrastruktur in Nicaragua besteht aus Bussen und Taxis, andere Verkehrsmittel gibt es nicht wirklich. Bei den Bussen, die hier fahren, handelt es sich um die alten amerikanischen Schulbusse, die vor Jahren in den USA Kinder zur Schule brachten. Jetzt fahren diese Busse hier. Viele von ihnen sind bunt angemalt, wie die meisten Dinge hier. Von innen sind sie meistens mit bunten Stickern von Heiligen oder mit Kreuzen geschmückt. “Herr, beschütze diesen Bus und seine Fahrgäste!”, steht in großen bunten Buchstaben über dem Fenster geschrieben. Die Sitze in diesen Bussen sind Kindergrößen angepasst, was die Nicas scheinbar wenig stört, denn sie sitzen häufig zu viert oder zu dritt auf zwei Plätzen, gerne auch mal übereinander. Und wenn man keinen Platz mehr bekommt, dann muss man halt die Fahrt, oft auch mehrere Stunden über, im engen und niedrigen Gang stehen und sich irgendwo etwas zum Festhalten suchen. Das Gepäck passt natürlich nicht immer in die kleinen Fächer über den Sitzen. Da kann es sein, dass zum Beispiel in einer scharfen Kurve ein Koffer aus der Halterungen fällt. Größere Sachen werden auf dem Dach der Busse befestigt. Die Leute transportieren gerne allerhand Sachen per Bus. Sie nehmen zum Beispiel ganze Holzstapel mit, riesige Tontöpfe, aber auch Tiere so wie Hühner oder Schweine. Natürlich wird auch die Busfahrt über laut Musik gehört. Latino Songs mischen sich mit amerikanischen und auch mit sehr alten Charts-Liedern. Alles wild durcheinander und wenn man ein Lied so halbwegs erkennt, dann singt man mit, so wie man es eben gerade versteht. Die Straßen sind hier nicht immer unbedingt im besten Zustand, die Busse sind alt und meistens überfüllt, ca 90 Leute in einem Bus. Das Tempo ist an manchen Steigungen nur ein wenig schneller als zügiges Schritttempo. Leute steigen immer wieder zu oder aus, gerne auch wenn der Bus noch fährt. Ein Mann quetscht sich durch den engen Gang und sammelt von jedem das Geld ein, umgerechnet ungefähr zwei Euro für eine Langstreckenfahrt von zwei Stunden, haben ich und Janek letztes Wochenende gezahlt. Wenn der Bus anhält schreit der Mann laut, wo der Bus hinfährt und dass man schnell zusteigen soll. Er schiebt neue Fahrgäste in den Bus und schreit dann durch den ganzen Bus dem Fahrer zu, er solle weiterfahren. An den “Haltestellen” steigen immer wieder Frauen ein, die Essen oder etwas zu Trinken verkaufen. Gekonnt balancieren sie die gefüllten großen Plastikschüsseln auf ihren Schultern oder Köpfen und schlängeln sich durch den vollen Bus. Wenn er anhält springen sie schnell wieder raus.
Nach zwei Stunden Fahrt kommen ich und Janek dann an unserem Ziel an. Wir sind glücklich, endlich aus dem engen und heißen Bus heraus zu kommen. Aber irgendwie hat es was, so zu reisen und die schöne Landschaft Nicaraguas aus den kleinen Fenstern zu bewundern.

Sin agua - sin luz

Wie es sein kann ohne Strom und besonders ohne Wasser aus kommen zu müssen, darüber habe ich mir noch nie wirklich ernsthafte Gedanken gemacht. Für mich war es bis jetzt immer selbstverständlich, dass wenn ich auf den Lichtschalter drücke, dann auch das Licht angeht oder wenn ich den Wasserhahn aufdrehe, dort auch wirklich Wasser heraus kommt. Das ist in Nicaragua nicht immer unbedingt so. Als ich zum Beispiel gestern nach dem Kochen abspülen wollte, gab es leider kein Wasser. Und das zwar für einen halben Tag nicht. Wenn es hier regnet und das tut es während der Regenzeit mindestens einmal am Tag, kommt meistens so viel Wasser runter, dass die Abflüsse und die Kanalisation es oft nicht aufnehmen können. (Dass, haben wir zum Beispiel auch festgestellt, als wir eines Tages nach Hause kamen und die halbe Wohnung bis zu ca. 30cm unter Wasser stand. Keine schöne Angelegenheit!) Bei Regen wird also oft das Wasser abgestellt, damit die Abflüsse nicht noch stärker belastet werden. Gestern hatte es allerdings nicht geregnet und als ich fragte, warum es denn gerade kein Wasser gibt war die Antwort: „Wahrscheinlich weil die Regierung Wasser sparen möchte, oder so…“ Wie es ist für längere Zeit ohne Wasser leben zu müssen habe ich hier gestern zum erstenmal wirklich gemerkt und halt auch wie wichtig und wie selbstverständlich es für mich ist Wasser zur Verfügung zu haben. Man braucht es einfach für so viele Dinge. Zum Waschen, zum Spülen, für die Toilette, zum Kochen, zum Zähneputzen… Und wenn es kein Wasser gibt, dann kann man all diese Dinge nicht tun, für einen halben Tag. Als wir dann abends zum hundertsten Mal versucht haben den Wasserhahn aufzudrehen, lief endlich Wasser. Zwar nur sehr wenig, aber es gab Wasser! Wir freuten uns so sehr, dass wir durch die Küche tanzten. Heute habe ich gehört, dass die Wassersituation in der Stadt halb so schlimm ist. Auf dem Land und in den Dörfern, kann es oft vorkommen, dass die Menschen dort für mehrere Tage und länger ohne Wasser auskommen müssen. Sie sammeln Regenwasser in großen Tonnen, damit sie in solchen plötzlichen Momenten vorbereitet sind. Das werden wir ab jetzt wohl auch tun. Genauso haben wir bereits jedes Zimmer mit Kerzen ausgestattet, denn der Strom fällt hier auch öfter mal aus. Aber es kann auch sehr nett sein bei Kerzenschein abend zu essen. Schwierig wird es allerdings, wenn man versucht Nudeln mit Tomatensoße zu essen.

Der erste Tag im Projekt

7.08  Ich mache mich auf. Laufe zur „calle central“ herauf und rufe mir ein Taxi. „Hasta la escuela Wuppertal, por favor.“ Der Taxifahrer nickt und kutschiert mich durch die Straßen Matagalpas. Es ist viel Verkehr, die Straßen sind fast alle kaputt und er fährt sehr schnell. Menschen, Motorräder, Busse, Tiere, Obstverkäufer, Fahrräder tummeln sich auf den engen Straßen. Das ein oder andere Mal denke ich, dass wir einen Unfall bauen und zucke innerlich zusammen. Der Taxifahrer scheint aber an den Verkehr auf den engen Straßen gewöhnt zu sein und alles läuft gut.
Wir biegen in die Straße ein in der meine Schule liegt. Die Escuela Pública Wuppertal, ist eine sehr kleine Schule, außerhalb von Matagalpa, in einem armen Viertel gelegen.
Etwas nervös betrete ich durch das große Eisentor die Schule und werde sofort von der Direktorin herzlichst begrüßt. Sie küsst mich, umarmt mich und nennt mich mi corazón.
Ich sage, dass ich mich sehr freue hier zu sein und wir gehen in ihr Büro, der einzige Raum der Schule, neben den paar Klassenzimmern. Das Büro ist klein und voll gestopft mit Dingen. Es gibt einen Schreibtisch, Regale und einen Computer. Ich setze mich auf einen der Plastikstühle. Immer wieder kommen Lehrerinnen herein oder Kinder. Ich stelle mich immer wieder vor. Sie sind sehr nett, begrüßen mich herzlich, reden viel und schnell. Ich verstehe sie ein bisschen, aber selber reden fällt mir schwer. Das merkt auch die Direktorin und wir beschließen, dass es wohl besser ist, wenn ich mich in den ersten Wochen auf den Sprachkurs zu konzentriere, bevor ich anfange Sport und Englisch zu unterrichten.
Dann werde ich durch die Schule geführt. Die Klassenzimmer sind klein, alles ist sehr dunkel, es gibt keine Fenster, nur Gitterstäbe und man hört den Lärm jeder einzelnen Klasse.
Wir gehen in die erste Klasse, die Kinder stehen auf und begrüßen uns im Chor. Dann werde ich vorgestellt. Ich bin die neue profe, profe Maren. Mit der Aussprache meines Namens haben sie Schwierigkeiten.
Maren ist nicht aus Nicaragua, ratet mal wo sie herkommt.“ fragt die Direktorin in die Klasse herein. „ Aus China“, schreit der Erste. „Nein, sie ist aus Korea“ vermutet ein Anderer, „aus Managua“, „aus den USA“ , sind weiter Vermutungen der Kinder. „Sie kommt aus Deutschland,“ erklärt die Direktorin „sie ist bei uns für ein Jahr und sie ist unsere Freundin“.
Dann singen alle Kinder im Chor, dass sie mich willkommen heißen, bei ihnen in der Schule und in Nicaragua. Ich bin ein wenig überwältigt, bedanke mich tausendmal und klatsche einfach mal mit. Dann fragt die Direktorin weiter. „Wie glaubt ihr ist sie den weiten weiten weg zu uns gekommen?“ Nach einem Moment der Stille sagt ein sehr kleiner Junge leise „Vielleicht mit einem Flugzeug?“Genau“ ruft die Direktorin. „ Und findet ihr, dass profe Maren schön ist?“ fragt die Direktorin weiter. „Ja“ rufen die kleinen Kinder im Chor. „Was ist an ihr schön ?“ Ist die nächste Frage der Direktorin. Die Kinder gucken mich erst ein wenig ratlos und dann gründlich von oben bis unten an. Ein Mädchen sagt „Ihr T-shirt!“ „Ja, ihr T-shirt und was noch…?„Die Augen.“, ruft ein Anderer.Und was ist sie?“ „Unsere Freundin“ rufen die Kinder zusamen. Dann springen sie weiter herum und rufen goodbye oder good night.
Die Direktorin schiebt mich weiter und wir gehen in die andern Klassen. Als wir mit allen durch sind setzten wir uns wieder in ihr Büro. Dort hängt ein großes Poster, sehr bunt, vor allem pink. Ob ich den Mann darauf kenne, fragt sie mich. Ich sage, schüchtern „Daniel Ortega, oder?“ Und sie schaut mich zufrieden an. Dann soll ich ihren Computer bewundern, auf den scheint die Direktorin sehr stolz zu sein. Sie zeigt mir Fotos und fragt mich wie man die Bilder größer machen kann, so dass sie den Bildschirm ausfüllen. Ich klicke auf das Bild, es erscheint über den Bildschirm und sie guckt mich glücklich an. Und jetzt wieder zurück, auch das klappt und das Foto wird kleiner. Dann zeigt sie mir, dass ihr Drucker nicht funktioniert. Warum fragt sie mich. Ich schraube ein bisschen an dem Gerät herum, gucke auf die Einstellungen. Alles auf Spanisch, ich verstehe fast nichts. Ich sage ihr, dass ich nicht weiß warum er nicht funktioniert und sie guckt ich ein wenig enttäuscht an. Gerne würde ich ihr helfen, aber mit Computern kenne ich mich nicht wirklich gut aus.
Wir reden noch ein wenig beziehungsweise sie redet und ich nicke ab und zu. Dann kommt ihre Tochter. Sie ist ein bisschen älter als ich und studiert in Matagalpa. Sie ist sehr nett und sagt, dass sie mir gerne Matagalpa zeigen würde. Ich verabschiede mich also von der Direktorin und hoffe, dass ich in ein paar Wochen schon mehr verstehen und vor allem Sprechen kann.
Dann zeigt mir die Tochter der Direktorin meinen Schulweg nach Hause. Sie ist sehr nett und gemeinsam schlendern wir durch die Straßen Matagalpas. Wir gucken uns ein paar Kirchen an, essen Eis und schauen beim Fußballspiel zu. Es macht Spaß sich mit ihr zu unterhalten, auch wenn meine Sätze sehr gebrochen sind und wahrscheinlich nur wenig Sinn machen. Aber ich bin froh erste nicaraguanische Kontakte knüpfen zu können.

Erste Eindrücke

Liebe Leute,
nun bin ich schon seit drei Wochen in Matagalpa und endlich schaffe ich es euch ein wenig aus meinem Leben hier zu berichten.
Ich bin gut in Nicaragua angekommen, auch wenn es in Miami ein bisschen Stress mit den amerikanischen Beamten gab. Sie wollten mich und Antonia nicht durchlassen, weil wir angeblich die falschen Papiere hatten, was nicht stimmt. Ich weiß nicht wie, aber irgendwie habe ich sie nach einer sehr langen Diskussion überzeugen können, so dass wir doch noch in letzter Minute unser Flugzeug nach Managua bekommen haben. Allerdings mussten wir dafür (nach dem Sicherheitscheck) auf Socken durch Miami laufen;-)
Unsere Wohnung hier liegt sehr zentral in Matagalpa und man kann fast überall hin laufen, was wahrscheinlich auch daran liegt, dass die Stadt relativ überschaubar ist.
Ich fühle mich momentan wirklich sehr wohl hier in Nicaragua. Für mich ist es gerade super spannend jeden Tag etwas neues zu entdecken und kennen zu lernen, denn das Leben und die Kultur hier ist ziemlich anders, von allem was ich bis jetzt so kenne.
Die ersten Wochen sind besonders durch Ankommen und Orientieren geprägt, ein Prozess der sich in verschiedenen Formen wohl durchs Jahr ziehen wird.
Es gibt/gab so viele neue Eindrücke, die ich wahrscheinlich auch noch nicht alle verarbeitet habe. Ich habe aber einige von ihnen aufgeschrieben, weil ich glaube, dass ihr dadurch vielleicht ein besseres Bild von meinem Leben hier erhaltet. Obwohl man bestimmte Erfahrungen oder Momente nicht so erklären kann, wie sie sich wirklich anfühlen. Versuchen werde ich es aber trotzdem.
Ich hoffe es geht euch allen gut!
Besos Maren

Montag, 2. August 2010

Gedanken kurz vor der Reise

So langsam wird mir immer mehr bewusst, dass ich bereits in wenigen Tagen, viele viele Kilometer von hier, in einem unbekannten Land, einer unbekannten Stadt und in einer bislang unbekannten Kultur ankommen werde. Aber so richtig greifbar und realisierbar scheint dieser Gedanke trotzdem noch nicht, obwohl ich der Situation durch den Ausreisekurs der letzten zwei Wochen, deutlich näher gekommen bin. Ich frage mich, wie mein neues Leben wohl aussehen wird, außerhalb meiner  vetrauten Umgebung. Nervösität spüre ich in mir aufkommen, die Vorfreude ist auf der anderen Seite aber um so größer. Ich kann es kaum erwarten, die Welt wieder ein Stückchen weiter entdecken zu können und die Chance zu haben, neue, wertvolle, ganz eigene Erfahrungen machen zu können. Vielleicht kann man die Situation mit einem Fallschirmsprung vergleichen. Es ist ein aufregendes Gefühl zu wissen, dass ich in nur drei Tagen, aus unbekannter Höhe ins Freie  springen werde, gleichzeitig freue ich mich schon riesig auf die weite Aussicht. Und wo ich am Ende landen werde….tja, das wird sich dann zeigen. Spätestens in einem Jahr!

Samstag, 10. Juli 2010

Bienvenida - Willkommen

Ich freue mich, dich auf meinem Blog begrüßen zu können!
Hier werde ich regelmäßig über mein Leben, meine Arbeit und die vielen Abenteuer in Nicaragua berichten. Ich wünsche viel Spaß beim Lesen!
Welcome to my Blog!
This homepage is ment to keep you updated about my stay and all the adventures I will experience in Nicaragua. I hope you enjoy browsing through this blog!
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