Dienstag, 21. September 2010

Managua

Managua, die Hauptstadt Nicaraguas ist eine eigenartige und sehr spezielle Stadt. Sie ist groß, voll, heiß, laut, dreckig, chaotisch sehr reich und furchtbar arm. In Managua kann man teure Autos neben halb auseinander fallenden Pferdekutschen, über große Straßen fahren sehen. Es gibt westlich wirkende, bewachte Einkaufszentren, sogar ein McDonalds und daneben Hütten, die notdürftig und provisorisch aus Holz und Wellblech zusammen genagelt wurden. Es gibt Kinos, Bars und sogar ein Theater, aber ein Zentrum gibt es nicht. Managua besteht aus vielen großen, parallel liegenden Straßen und besitzt keine Innenstadt. An dieser Stadt wird ziemlich deutlich, dass es in Nicaragua so gut wie keine Mittelschicht gibt. Entweder man ist sehr reich und kommt sogar in die klimatisierte Shoppingmall rein oder man ist arm und hat fast nichts.
Managua ist zwar die sicherste Hauptstadt Zentralamerikas, aber trotzdem werden wir immer davor gewarnt, dort nicht frei herum zu laufen und nur ein Taxi seguro- ein sicheres Taxi zu benutzen.
Genau das machen wir auch, als wir vor ca. drei Wochen nach Mangua reisen, um unser Jahresvisum in der Deutschen Botschaft zu beantragen.
Der (sichere) Taxifahrer kutschiert uns also vom Busbahnhof durch die halbe Stadt bis zur Botschaft. Er ist sehr nett und erzählt viel, aber der Trubel auf den Straßen interessiert mich mehr und so schaue ich gebannt aus dem Fenster.
Dass, die Nicaraguaner ein etwas anderes Lärmempfinden haben, habe ich wohl schon mitbekommen und trotzdem bin ich erstaunt, als ich am Straßenrand ein kleines Kind tief schlafend in einer Hängematte sehe, als unser Taxi an einer riesigen Kreuzung für einen Moment anhält. Es wird gehupt, gebrüllt, dazwischen preisen einzelne Verkäufer lautstark ihre Ware an und schlängeln sich von Auto zu Auto. Es ist ja nicht so, dass ich jetzt unbedingt eine Matratze, Hängematte oder einen großen Topf kaufen wollte, während ich im Taxi sitze. Aber wenn man mal in Not ist und gerade keine Matratze hat, kann das bestimmt ganz praktisch sein.
Als wir wieder anfahren, sehe ich auf der anderen Straßenseite einen alten Mann sitzen, der seelenruhig seine Zeitung liest. Dann wird der Zug vom Wind zu stark und ich kurble das Fenster wieder hoch. Wo in Managua die Regierung denn säße, fragt Janek den Taxifahrer. Da muss er ein wenig überlegen. Schließlich antwortet er, dass es am See zwar ein offizielles Gebäude gäbe, für Staatsempfänge und so. Aber sonst benutze diese Regierung es nicht. Sie treffen sich meistens bei einem der Politiker zu Hause, erklärt uns der kleine Mann, für den das ziemlich selbstverständlich scheint. Ich finde diese Idee komisch.
Endlich kommen wir an der Botschaft an und aus dem stickigen, alten Taxi heraus. Wir sollen ihn anrufen, wenn wir wieder abgeholt werden möchten. Dann ist er sofort da, beteuert uns der Taxifahrer. Wir notieren uns also seine Nummer und gehen in die Botschaft. Naja, erstmal versuchen wir durch die Sicherheitsschranke zu gelangen, die einfach nicht aufhören will zu piepen. Ob wir Waffen mit haben werden wir gefragt. Nein. Dann müssen wir allerhand Zeugs auspacken und piepen immer noch, aber nach einiger Zeit werden wir dann trotzdem durchgelassen und betreten endlich die Botschaft. Es ist angenehm klimatisiert, Poster über Deutschland hängen an den Wänden und man hört deutsche Stimmen- irgendwie komisch. Die Formulare, die wir noch in letzter Minute aufwändig in Deutschland organisiert hatten, werden nicht gebraucht. Dafür zwei Passfotos. Janek, Larissa und ich haben uns am Tag vorher noch schnell welche in Matagalpa machen lassen, eine sehr lustige Erfahrung. Janek wurde vor dem Fotografieren extra noch geschminkt, wir mussten Jacketts anziehen und die Haare ganz zurück kämmen. Danach wurde das Bild noch auf dem Computer bearbeitet und aufgehellt. Als ich mein Foto zum ersten mal sah, habe ich mich schon ein wenig erschrocken, denn ich ähnele darauf einer Leiche ungemein.
Die zuständige Frau in der Botschaft, die ein wenig aussieht wie eine Fantasiefigur aus „Herr Der Ringe“ (Janek, das habe ich für dich geschrieben), nimmt geduldig unsere Daten auf und spricht mit einem süddeutschen Akzent.
Eine alte Frau wartet neben uns und drei weiteren Freiwilligen. Sie fragt uns allerhand und erzählt uns allerhand, zum Beispiel, dass sie schon seit 50 Jahren hier in Nicaragua lebt. Das finde ich schon sehr beeindruckend. Schließlich werden wir dann noch zum Essen zu ihr nach Hause eingeladen und wir sollen doch Deutschland schöne Grüße von ihr bestellen, wenn wir wieder zurück fahren.
Dann sind wir auch schon mit allem fertig und können unser Visum in 4 Wochen abholen. Wir rufen den Taxifahrer an, der uns sagt, dass er schon fast bei uns um die Ecke ist und warten trotzdem noch geschätzte dreißig Minuten, bis er uns schließlich abholen kommt.
In Managua sind halt auch die Ecken etwas größer.

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