Dienstag, 31. Mai 2011

Gente de Nicaragua













Photos made by Wolfgang Bier

Samstag, 21. Mai 2011

3. Rundbrief

                                                              3. Rundbrief von Maren Mütter                     Matagalpa, Mai 2011

„Decilo fuerte – Decilo siempre!“ - „Sag es laut – Sag es immer!“ -

                                                 Alfredo als Gesicht der neuen Kampagne
So, lautet das Motto der neuesten Kampagne der „Agentes de Cambio“; eine Organisation in
Matagalpa, die sich für die Rechte sexueller Vielfalt einsetzt.


[Den ganzen Rundbrief lesen]

Samstag, 2. April 2011

Mittwoch, 16. März 2011

2. Rundbrief

129.494 km² – 5.995.928 Einwohner – Hauptstadt: Managua – Bruttoinlandsprodukt: 5.723 Mio.
US$ - Grenzt an: Honduras, Costa Rica, den Pazifik und die Karibik – Bekannt für: Rum, Kaffee,
vielseitige Landschaften, insbesondere Seen, Regenwälder, Vulkane – Offizielle Sprache: Spanisch,
neben zahlreichen indigenen Sprachen, z.B. Miskito, Creol, Garifuna - Währung: Cordoba
Das ist Nicaragua! So fasst es zu mindestens Wikipedia in einer überschaubaren Tabelle
leserfreundlich zusammen.

Liebe Freunde,
Liebe Familie,
Liebe Unterstützer,
Liebe Interessierte,

Der zweite Rundbrief ist dazu gedacht, euch ein wenig näher über das Land Nicaragua und seine
Kultur zu informieren.

[... den ganzen Rundbrief lesen ...]

Donnerstag, 24. Februar 2011

Deutsch - Nicaraguanische Brieffreundschaft

Vor einiger Zeit haben die Kinder der 3B der Escuela Wuppertal, Briefe an die Kinder einer Schulklasse in Deutschland geschrieben, welche wohl  gerade beantwortet werden. 
Beispielhaft habe ich hier mal drei herausgesucht. Alle Namen sind geändert.


Verehrter Freund Florian Müller

Ich hoffe es geht dir gut und du kannst bei deiner Familie sein.
Ich wünsche mir, dass du mein Freund wirst. Ich würde gerne deine Schule kennen lernen und auch deine Freunde und deine ganze Familie.
Meine Familie ist sehr groß. Ich wohne zusammen mit meinen Tanten, meinen Cousins, meiner Mama und meinen Brüdern. Mein Papa arbeitet in einem anderen Land, das Costa Rica heißt, um unsere Familie versorgen zu können, denn in unserem Land gibt es wenig Arbeit.
Mein Land ist sehr schön. Es gibt viele Bäume und Städte. Ich fände es schön, wenn du es eines Tages kennen lernen könntest.
Hochachtungsvoll, dein an dich denkender Freund.
Gerald Josué Morales L.


Hallo Tom Schmitz , wie geht’s?

Mein größter Wunsch ist, dass es dir gut geht und du bei deiner Familie sein kannst.
Ich hoffe, dass du ein guter Junge bist und dass du dich in der Schule und zu Hause gut benimmst.
Ich verhalte mich gegenüber meiner Lehrerin sehr gut und lerne viel für die Schule und zu Hause benehme ich mich auch sehr sehr gut.
Ich will dir erzählen, dass ich dieses Jahr einen schlimmen Unfall hatte.
Als ich von der Schule nach Hause lief, wurde ich von einem Auto angefahren und war für einige Stunden bewusstlos und musste ins Krankenhaus. Aber ich hatte nichts schlimmes und jetzt passe ich immer gut mit Fahrzeugen auf.
Alle meine Lehrerinnen und Klassenkameraden haben mich besucht und mir kleine Geschenke gebracht.

Auf Wiedersehen geliebter Freund,
bis bald!
Maria Jesús Aráuz L.


Geschätzte Freundin Marie Kandt

Ich hoffe, dass es dir und deiner Familie gut geht und ich wünsche mir von ganzem Herzen, dass Gott euch für immer beschützt.
Meine Mama arbeitet auf einer Kaffeeplantage, in der Nähe der Stadt.
Wir sind drei Brüder zu Hause und ich habe noch eine kleine Schwester.
Ich wohne in Matagalpa, im Stadtviertel Rodolfo Lopez, gegenüber von der Bar La Plancha, da wo die Busse nach Managua aus der Stadt raus fahren.
Dass Gott dich beschützt und begleitet, wo immer du auch bist oder hingehst.
Gott liebt uns.
Auf Wiedersehen,
Maynor Bladimir Contento Flores

Freitag, 18. Februar 2011

Es spukt in Matagalpa

Heute wurde ich in der Schule von einer Lehrerin gefragt, ob es in Deutschland Hexen gebe.
Ich musste einmal nachfragen, da ich annahm mich verhört zu haben.
Hexen, dass sind böse Leute, die einen Pakt mit dem Teufel geschlossen haben.“
Nein,“ habe ich da nur erwidert, „Hexen gibt es in Deutschland nicht.“
Da senkte die Lehrerin ihre Stimme und sagte geheimnisvoll „Hier schon, Marencita. Sie sagen, dass da draußen, kurz vor Matagalpa Leute wohnen, die sich nachts in Affen verwandeln, in große Affen.“
Ach tatsächlich?“, antwortete ich und versuchte dabei so ernst wie möglich zu klingen.
Sie schien jedoch meine Zweifel bemerkt zu haben und sagte „Doch Marencita linda, es stimmt wirklich. Darüber haben sie neulich etwas im Fernsehen gezeigt.“
Wie gruselig.“, erwiderte ich und fing schnell an über das Wetter zu reden; darüber spricht man hier auch sehr gerne.

Donnerstag, 10. Februar 2011

Sport ist Mord

Das tägliche Tortilla, Reis und Bohnen essen, an was ich mich schon ganz gut gewöhnt habe, erfordert allerdings auch, dass man sich an einen regelmäßigen Besuch im Fitnessstudio gewöhnen sollte.
Als ich einer Freundin also mitteile, dass ich mich gerne körperlich betätigen würde und wissen wolle, ob sie nicht Lust hätte mit zu kommen, sieht sie mich ein wenig schief von der Seite an und fragt nur „Was willst du denn da?
Was macht man wohl in einem Fitnessstudio.....
Hier erklärt sie mir, gehen nur die Männer ins Fitnessstudio, um ihre Muskeln zu hegen und zu pflegen, bis sie aussehen, als wären sie mit Luft aufgeblasene Gummipuppen, die in zu kleine Hemden gezwängt worden.
Aber genau ein Fitnessstudio gibt es in Matagalpa, in dem durchaus auch ab und zu ein vereinsamtes Rudel von Frauen anzutreffen sei.
Wir machen uns also auf, bezahlen jeder umgerechnet 25 Cent für die Stunde und werden als erstes gefragt wie viel wir denn abnehmen wollen.
Wir kämen der Kondition wegen, versuchen wir zu erklären. Ein langsames „Ahhhh.“, erhalten wir als Antwort.
Das „Fitnessstudio“, stelle man sich am Besten als große Lagerhalle (und früher wurde dort auch wirklich Kaffee gelagert) vor, die durch ein fragiles Wellblechdach geschützt ist. Von den Wänden bröckelt der Putz, aber sie sind ohnehin behangen mit Postern, auf denen in großen Buchstaben Bibeltextstellen gedruckt sind oder verschiedene Teile des menschlichen Körpers abgebildet sind.
Christliche Musik, aus rauschenden Lautsprechern begleitet die Männer im Takt, die angestrengt und sehr ernst versuchen, verschiedene Gewichte von einer in eine andere Position zu verlagern, um die gleiche Aktion darauf hin mehrmals zu wiederholen.
Ich wage mich ein bisschen vor in der Halle, erschrecke jedoch, als ich kurz vor einem großen Loch stehe, welches sich tief in den Betonboden gräbt. Es sieht aus als würden hier archeologische Ausgrabungen statt finden und bei genaueren Umsehen entdecke ich weitere Löcher, die vereinzelt zwischen verschiedenen „Sportgeräten“ liegen. „Vorsicht.“, sagt der Fitnesstyp da nur.
Die Sportgeräte, erinnern an fragwürdige Eisenkonstruktionen, die so gerade den Zweiten Weltkrieg überlebt haben könnten. Bei der einen Hälfte der Geräte, frage ich mich wo zu oder besser gesagt wie zum Teufel man sie wohl gebrauchen könnte, bei den restlichen frage ich mich, wie man Geräte in diesem Zustand zum praktizieren von Sport überhaupt noch anbieten kann.
Schnell werden wir eingewiesen und ich bin überrascht, über diese Kreativität und die Improvisation, mit der die Nicas ihre Übungen angehen.
Man schickt uns von einem Gerät zum nächsten und ich habe schnell mein Lieblingsgerät gefunden.
Dabei stellt man sich auf eine Art Drehscheibe, hält sich vorne an einem befestigten Griff fest und dreht sich, mit den Füßen hin und her.
Das man so etwas Sport nennen kann, wusste ich bis jetzt auch noch nicht.
Ich erschrcke ein wenig, als ich einen Mann in Flip-Flops sehe, der scheinbar wirklich schwere Gewichte stämmt, aber um seine Füße weniger besorgt ist.


Dienstag, 1. Februar 2011

"Dos por uno, dos por uno! Que barato, que barato"

Ich sitze im Café Barista und schlürfe an meinem eiskalten Moca Frappé, eine der weltbesten Erfindungen, als plötzlich in Begleitung von lauter Musik und wildem Getöse, ein Elefant draußen auf der Straße vorbei zieht.
Ich muss zwei Mal hingucken. Zwar war mir bis zum jetzigen Zeitpunkt schon klar, dass sowohl Flora als auch die Fauna Nicaraguas weit aus diverser ist als in Deutschland, von großen Elefanten, noch dazu auf der Hauptstraße, der „Calle Central“, hatte ich allerdings noch nicht gehört.
Erst bei genauem Hinschauen, bemerke ich, dass der Elefant auf einem großen Lastwagen steht, der durch die Straße rollt und einen verkleideten Tarzan auf seinem Kopf sitzen hat.
Die Musik erinnert an Kirmes, im Wagen hinter dem Elefanten befinden sich Kamele, Esel und Ponys, zwei Clowns rufen wild gestikulierend zu den Kindern herunter, die aufgeregt die Karawane begleiten und mit rennen.
Der Zirkus ist da! Er stationiert für einige Tage in Matagalpa und kündigt seine Vorführungen jeden morgen (leider sehr früh) per Lautsprecher in den kleinen Straßen Matagalpas an.
In diesen Tagen werde ich stets durch ein schiefes „Wie billig, wie billig. Zwei Karten für den Preis von einer. Nur noch heute Abend, um sieben Uhr. Vamonos! Wie billig, wie billig!!!“ geweckt und verzichte darauf meinen Wecker wie gewöhnlich zu stellen.
Zu dem Zirkus gehe ich allerdings nicht, obwohl die pink angemalten, dunkelhäutigen Clowns, mit ihren stupiden Witzen schon recht interessant wirken.
Ein Freund erzählt mir, dass in dieser Zeit die Straßenkinder versuchen, die vielen Straßenhunde, die es in Matagalpa gibt, zu fangen und für ein paar Cent an den Zirkus verkaufen.
Dort werden sie lebendig an die Tiger verfüttert. Jeden Morgen um zehn, könne man diesem spektakulären Ereignis beiwohnen; was bei den Nicas wohl auf großes Interesse stoße.

Montag, 24. Januar 2011

Nachtrag aus dem November

Es regnet wie aus Strömen, ich bin spät dran und müsste eigentlich bereits in fünf Minuten in der Schule, zum Nachmittagsunterricht erscheinen.
Also beschließe ich ein Taxi zu nehmen. Leider ist das Fenster dieses Taxis (wie so häufig) kaputt, es regnet herein und meine rechte Körperseite wird nun trotzdem nass.
Der Taxifahrer fährt schnell, die Scheibe ist beschlagen; hin und wieder versucht er sich mit einem kleinen blauen Tuch klare Sicht zu verschaffen.
Während ich mich krampfhaft versuche irgendwo festzuhalten und es sehr konzentriert vermeide nach vorne, beziehungsweise auf die Straße zu schauen, beginnt der Taxifahrer das Gespräch.
Scheußliches Wetter.“
Mehr als ein „Mhhhh, stimmt.“, fällt mir in diesem Moment dazu nicht ein.
Wo ich denn her komme, fragt er ungestört weiter.
Aus Deutschland.“, erwidere ich und hoffe, dass ich es noch rechtzeitig zum Unterricht schaffe.
Ahhhhh aus Deuuuuuuuutschland.“, schmettert er mir freudig entgegen.
Da kommt doch dieser ganz berühmte Mann her, dieser..., wie heißt er noch...., dieser Hiiiiiitler.“
Äh ja, stimmt“, sage ich nur und werde auch schon wieder vom Taxifahrer unterbrochen.
Weltberühmt, dieser Mann! Der hat doch alle kleinen Leute umgebracht, oder? Deswegen seit ihr auch alle so groß.
Nicht nur die Kleinen hat er umgebracht.“, antworte ich, als wir endlich in die Straße meiner Schule einbiegen.
Der Taxifahrer lacht laut, er hält an um mich heraus zu lassen. Ich bezahle, bedanke mich und habe schon fast die Tür geschlossen, da ruft er mir hinterher:
Und Klose, kennst du auch Kloose?
Ja, Klose kenne ich auch!“, schreie ich ihm durch den Regen zu und betrete endlich nass, aber pünktlich das Schulgelände.

Nachtrag aus dem November

Es ist die letzte Sportstunde für die 3B vor den Ferien und nach dem üblichen Programm, bieten ich und Profe Darling den Kindern an Fußball oder ein anderes Spiel zu spielen.
Jubelnd und voller Elan, teilen sie sich in Gruppen auf und beginnen mit dem alten Ball zu spielen, der eigentlich ein Volleyball ist, während ich und Profe Darling auf der kleinen Mauer sitzen und ihnen zu sehen.
Plötzlich sehe ich Marjine (Name geändert), ein stämmiges Mädchen, wie sie auf den scheinbar flüchtenden Johnton (Name geändert) zu rennt und ihm grob am Hemd packt.
Intuitiv springen ich und Profe Darling auf, eilen zu den sich schlagenden Kindern und versuchen sie auseinander zu ziehen. Wir ziehen und zerren und schreien, aber das Mädchen ist so sehr in Rage, dass wir sie nicht von dem Jungen losbekommen.
Dann geht alles ganz schnell. Sie zieht ihn an den Haaren und schlägt seinen Kopf mit voller Wucht gegen den eisernen Türrahmen. Sofort spritzt Blut aus seinem Kopf, das Mädchen lässt los. Blut tropft ihm von der Stirn, sein weißes Schulhemd verfärbt sich immer röter, über all ist Blut. An meinen Händen, an Profe Darlings Händen, auf dem Boden, an der Wand.
Schnell renne ich ins Büro und verlange nach dem erste Hilfekasten, während Profe Darling den Jungen ins Büro schleppt und auf einen Stuhl setzt.
Ein paar Lehrerinnen fangen an zu kreischen; meine Direktorin steht mal wieder den Tränen nahe und schreit: „Was ist passiert, was ist passiert?“
Johnton, der eigentlich dunkelhäutig ist, ist nun fast weiß im Gesicht, zittert und ihm steht der Schock ins Gesicht geschrieben. Ich reiche Mullbinden, Watte und was sonst noch so vorhanden ist, womit Mercedes und Darling versuchen den Blutstrom aufzuhalten.
Wir müssen einen Krankenwagen rufen.“, sage ich und suche nach dem Telefonbuch, während sich die Direktorin angewidert abwendet und den Haufen von Kindern verscheucht, die sich alle ins Büro drängen, an der Tür und dem kleinen Fenster hängen, um einen Blick auf ihren Klassenkameraden zu erhaschen.
Nein,“, sagt Mercedes, die inzwischen die Haare um die Kopfwunde des Jungen abgeschnitten hat. „Die Wunde ist nicht so groß. Er brauch nur einen Kaffee.
Einen Kaffee! Mir fällt es schwer, aber ich begutachte die Wunde. Sie ist nicht so groß wie ich gedacht habe, aber sie befindet sich an des Jungens Kopf und sie ist offen. In Deutschland würde man so eine Wunde nähen, beziehungsweise irgendwie versuchen zu schützen. In Nicaragua bekommt man dagegen einen Kaffee und weil Johnton heute noch nichts gegessen hat auch ein Stück Brot.
Die sonst so herzliche und geduldige Direktorin scheint mit den Nerven am Ende zu sein.
Es gibt nieeee wieder Sportunterricht für euch!“, schreit sie die draußen wartenden Kinder an, die zum großen Teil noch nicht einmal wissen, was überhaupt vorgefallen ist und die bis vor wenigen Minuten fröhlich zusammen Fußball spielten.
Dann wird Marjine herein gerufen; es tut mir Leid zu sehen, wie sie fast verhört wird. Selbst sichtlich geschockt, versucht sie sich zu verteidigen. Er habe sie beleidigt, er hätte angefangen, er habe ihr hinterher gerufen, sie hätte Omaschuhe an.
Das ist noch lange keinen Grund sich so zu verhalten.“, brüllt meine Direktorin. Für den Rest des Schuljahres (nur noch wenige Tage), dürfe sie zur Strafe nicht mehr in die Schule kommen.
Johnton sitzt derweilen weiterhin reglos auf dem Stuhl, ein Klassenkamerad borgt ihm sein Hemd. Ob ihn nicht jemand abholen komme, frage ich. Aber er wohnt weit in den Bergen und seine Mutter schaffe es nicht ihn zu holen. Die anderen Kinder, die würden bei ihm in der Nähe wohnen und ihn mitnehmen. Geheuer scheint mir das nicht und ich muss schlucken, als Profe Darling den Kindern nachruft „Und passt auf, dass er euch nicht umkippt“, während sie das Schulgelände verlassen.
Mercedes wischt durch das Büro, ich räume alles wieder weg und wasche mir die Hände.
Was muss man alles schon gesehen und erlebt haben, frage ich mich, wenn man als Kind schon zu so brutalen Handlungen fähig ist. Und leider glaube ich auf diese Frage, die Antwort bereits zu kennen.

Samstag, 15. Januar 2011

On the road

Wie fasst man eine dreiwöchige Reise, vollgestopft mit Erlebnissen und neuen Eindrücken leserfreundlich und gleichzeitig so authentisch wie möglich zusammen?
Eine Frage, vor der ich gerade stehe, beziehungsweise sitze, um die ich mich die ganze Zeit nun schon herum winde und nicht so recht weiß, von welcher Seite aus ich sie angehen soll.
Ich glaube aber, dass es am interessantesten für euch ist, wenn ich euch über einige meiner Eindrücken, über Land und Leute berichte und zwischen durch Bilder sprechen lasse, die häufig so viel mehr sagen können.
Zur Orientierung sei gesagt, dass ich und Janek uns am 4.12, ganz früh morgens aufmachten, um den Bus nach San Salvador zu nehmen.
Von San Salvador aus, sind wir dann am nächsten Morgen nach Guatemala City gefahren, unser Ausgangspunkt für eine Art Rundreise durch Guatemala. Im Norden sind wir dann noch über die Grenze und haben einen einwöchigen Abstechers nach Südmexico, Chiapas gemacht.
Lago de Atitlán (Guatemala)
Aber nun zum spannenderen Teil.....die Eindrücke.

In Guatemala fand ich zum Beispiel sehr auffallend, wie stark noch immer die indigene Kultur sichtbar, auch im Alltag der Leute vertreten ist.
Es heißt, dass noch um die 70% der Bevölkerung Guatemalas Indigen ist, was man alleine schon auf den Straßen deutlich spüren kann.
Die Menschen sind im Verhältnis recht klein, ihre Haut ist dunkler als die des „durchschnittlichen“ Nicaraguaners und zu mindestens die Frauen kleiden sich auch heute noch in den alten Trachten.
Ihre Hemden und Röcke bestehen aus wunderschönen bunten gewebten Stoffen, ihre Kinder transportieren sie auf dem Rücken, ebenfalls mit Stoffen festgebunden und auf dem Kopf werden die Besorgungen, manchmal auch Hühner, Stauden oder ähnliches, in großen Körben balanciert.
Während für die Frauen die Trachten als alltägliche Mode gang und gäbe sind, findet man nur noch selten einen Mann in diesen Stoffen gekleidet. Meistens tragen sie, wie viele Nicas auch, Cowboystiefel, Jeans mit breitem Ledergürtel und einen Hut.
Die Sprache „Maya“, hört man ebenfalls an allen Ecken und sie hat keine, wirklich gar keine Ähnlichkeit mit dem Spanischen. Ich habe mich einmal mit einem Jungen unterhalten, der mir versucht hat einige Wörter auf Maya bei zu bringen (die ich aber in der nächsten Sekunde meistens schon wieder vergessen hatte, weil sie so furchtbar ungewohnt und anders waren) und der mir erzählte, dass er Spanisch erst in der Schule gelernt habe. Untereinander reden die Guates viel Maya und selbst im Radio oder im Fernsehen gibt es sehr viele Programme auf Maya.
Antigua (Guatemala)
Ich finde es gut und bewundernswert, dass sie ihre Kultur so hegen und pflegen, in Nicaragua ist in dieser Hinsicht leider viel verloren gegangen.

Was mir durch die Reise außerdem nochmal klarer geworden ist, ist dass Nicaragua wirklich ein sehr armes Land ist und weit hinter den anderen lateinamerikanischen Ländern liegt.
Ich hatte mich schon so sehr an die Verhältnisse und Umstände hier in Nicaragua gewöhnt, dass ich fast schon ein bisschen geschockt war, als wir nach El Salvador und Guatemala City kamen; und es wirklich richtige Städte waren, mit hohen Häusern, polierten Gebäuden und einem richtigen Infrastruktursystem.
Blick auf Antigua und den Vulkan
Aber nicht nur das, auch im Laufe der Reise habe ich die Verhältnisse immer wieder mit Nicaragua verglichen und zum Beispiel warmes Wasser, asphaltierte Straßen, richtige Häuser und das zum Teil viel breitere Angebot in den Geschäften, als wahren Luxus empfunden.
Gewiss, ist Guatemala kein reiches Land und es gibt auch heute noch viele arme Dörfer auf dem Land, aber die Armut war für mich weniger offensichtlich, als sie in Nicaragua erscheint.
Ich wurde in den ganzen drei Wochen zum Beispiel viel weniger von Straßenkindern angebettelt und auch weniger belästigt, als in Nicaragua.
Janek und ich mussten feststellen, dass die Nicaraguaner schon ein wenig unfreundlich sind im Vergleich; viel undeutlicher und genuschelter reden und einen in der Straße viel viel mehr anmachen. Natürlich, Ausnahmen bestätigen wie immer die Regel. Wahrscheinlich liegt das aber auch daran, dass die Guatemalteken und gerade auch die Mexicaner bereits viel mehr an „Chelen“, Hellhäutige und Touristen gewöhnt sind; in Nicaragua fällt man als Ausländer immer noch sehr auf.

San Cristobál de las Casas (Mexico)
In Mexico waren wir nur für eine Woche und zwar in Chiapas, dem südlichsten Teil Mexicos, welcher von diesem riesigen Land wohl auch noch am Meisten an Lateinamerika erinnert.
Und trotzdem war es auch wieder auf seine eigene Art und Weise anders. Es war schon irgendwie westlicher, beziehungsweise weiterentwickelt, als Guatemala.
Mexico - Feier zur Ehrung der Jungfrau Guadalupe












In Mexico haben wir besonders die vielen Buchläden und Kinos ausgenutzt, die es in Nicaragua leider nicht gibt. Als ich mir in einer Apotheke ein Nasenspray kaufen wollte, denn durch das ungewohnt kalte Wetter hat es mich erwischt, eine lästige Erkältung plagte mich zwischenzeitlich; war ich von der Sortimentsauswahl durchaus überrascht. Zwischen kleinen bunten Pastillen, Pflastern und normaler „Apothekenware“, gab es außerdem Zigaretten, Schokolade, Eis und Cola zu kaufen.
Außerdem haben wir uns in Palenque die alten Mayaruinen angesehen und sind auf einem sehr beeindruckenden Canon lang gefahren, in dem so einige Krokodile wohnen.
Besonders hervor zu heben ist natürlich auch das mexikanische Essen, alleine deswegen würde sich meiner Meinung nach schon eine Reise nach Mexiko lohnen.
Palenque - Mayaruinen in Mexico
Das Wetter war ebenfalls eine Überraschung für mich. Tagsüber bin ich gerne in T-shirt herum gelaufen, aber nachts wurde es sehr kühl, teilweise nur fünf Grad, da haben wir uns ein bisschen wie in Deutschland gefühlt.

Vor der Reise wurde ich von vielen Leuten gewarnt, die sagten, dass Guatemala und Chiapas zum Reisen viel zu gefährlich seien.
Und diese Ansicht ist auch nicht unbegründet. Ich glaube, ich hätte mich alleine nicht auf diese Reise getraut, wenn ich nicht schon vorher ein bisschen von Mittelamerika gekannt hätte.
Es hat zum Beispiel auch seinen Grund, dass Weltwärts keine Freiwilligen nach Guatemala schickt und man sollte, wenn man dort ist, auch unbedingt einige Regeln beachten.
Uns ist nichts passiert, wir haben aber auch Situation erlebt, die durchaus nicht ungefährlich waren. Auffallend war auch, dass besonders in Guatemala die Sicherheitsvorkehrungen sehr hoch sind. Es ist normal, dass in jeder Straße Sicherheitsbeamte oder Polizei mit großen Gewähren stehen und aufpassen. Klar, die findet man auch in Nicaragua, aber in Guatemala waren sie echt überall. Wir sind häufig in Kontrollen gekommen, die Armee hat beispielsweise mehrmals unsere Gepäckstücke oder die Busse in denen wir reisten durchsucht. Dabei handelt es sich meistens um den illegalen Drogenschmuggel. In einer Stadt gab es ab neun Uhr abends sogar eine Ausgangssperre und in Guatemala City, ist es normal, dass an jeder Busstation ein Polizist steht und auch in jedem Bus mindestens einer mit fährt.
Semuc Champey - in dem blauen Wasser kann man schwimmen
All diese Dinge waren zu erst sehr ungewohnt, gehörten aber schnell mit zum Bild und ich habe mich in fast keiner Situation der Reise unsicher gefühlt.

Ein Ereignis, was mir sehr stark im Gedächtnis geblieben ist, auch wenn es schon fast nicht mehr zur eigentlichen Reise gehört, ist die Grenzüberfahrt nach Nicaragua.
Eigentlich könnte ich problemlos ein ganzes Kapitel über mittelamerikanische Grenzübergänge schreiben. Die Grenze nach Mexico bestand beispielsweise aus einer riesigen Marktstraße; von Mexico nach Guatemala sind wir mit einem kleinen Bötchen über die Grenze gefahren und haben unsere notwendigen Stempel in einer kleinen Holzhütte, mitten auf einer Kuhwiese bekommen.
Tikal - DIE Mayaruinen (Guatemala)
Als wir dann also mit dem Bus von Honduras aus, endlich auf die nicaraguanische Seite kamen, begrüßte Nicaragua uns mal wieder so etwas von typisch, dass ich mich schon direkt richtig „heimisch“ gefühlt habe.
Als einziger Grenzübergang (den ich in den drei Wochen in Mittelamerika passieren durfte) schallte furchtbar laute Musik, samt vibrierenden Basses, aus den rauschenden Lautsprechern. Dazwischen die schrillen Stimmen, der Frauen, Kinder und Männern, die den wartenden Passagieren hartnäckig Orangen, Eis oder Rosquillas (Maisplätzchen, sehr typisch für den Norden Nicaraguas) anboten.
Zutrauliche Nasenbären liefen zu Scharen in Tikal herum








Das Nica- Ambiente wurde gerade zu perfekt, als wir aufgefordert wurden, alle unsere Gepäckstücke aus dem Bus zu holen und in dem kleinen Migrationshäuschen, auf den Boden zu legen. Mehrere Kinder wollen meinen Rucksack die paar Meter für mich tragen (so verdienen sie sich ihr Geld), so dass ich regelrecht an dem Rucksack ziehen und zerren muss, bis sie schließlich aufgeben. In dem Häuschen stehen jetzt also alle Reisenden vor ihren geöffneten Koffern, Taschen und Tüten und warten. Mal wieder warten. Warum oder worauf wir eigentlich warten, diese Frage habe ich mir schon längst abgewöhnt. Man wartet einfach und dabei schnattert man vergnügt oder sieht sich die vielen FSLN- Poster und die alten Sandinobilder an, die neben mehreren Nicaraguakarten hängen. Nach einer gefühlten Viertelstunde erscheint ein sehr alter, sehr faltiger und zudem auch noch sehr kleiner Mann.
Auf dem Kopf trägt er eine Kappe, eine blau-weiße, auf der in verschnörkelter Schrift „Nicaragua“ steht. Er scheint also der „Beamte“ zu sein.
Und tatsächlich, schon nimmt er voller Elan seine ehrenhafte Aufgabe auf sich- nämlich unsere Gepäckstücke zu durchsuchen.
Die Durchsuchung sieht so aus, dass er einmal seine Hand in meinen Rucksack steckt, dabei natürlich gerade eine verdächtige Plastiktüte, vollgestopft mit noch verdächtigeren Mitbringseln erwischt; mir aber freundlich zunickt und dann auch schon zum nächsten weiter geht.
So macht er das bei jedem Wartenden und ich komme mir nach dieser ewigen Wartezeit schon ein wenig veräppelt vor.
Irgendwann darf dann endlich der Letzte seinen Koffer wieder zurück in den Bus räumen und während wir draußen dann mal wieder warten, dieses mal auf die Papiere. Ich kaue gerade an einer Rosquilla, als ich erschrocken feststelle, was das gerade neu begonnene Lied da eigentlich aus den Lautsprechern brüllt. Nach Volksmusik und Nicaschnulzen, jetzt dieses mir bis dahin unbekannte Lied, bei dem mir fast die Ohren abfallen.
Um nur den Refrain und damit den wichtigsten Part des Liedes zu zitieren:
„Bum, bum, bum, bum- Fucking Costa Rica! Bum, bum, bum, bum- El Rio San Juan es Nica!“ (Der Fluss San Juan ist nica). Ja, ungefähr so geht es dann auch noch das ganze Lied über weiter. Klare Ansage! Dazu muss man erklären, dass sich Nicas und Ticos (Costa Ricaner) schon aus der Geschichte heraus nicht leiden können und es viel Streit untereinander gab und gibt. Gerade wieder neu aufgekommen, ist der Streit um den Rio San Juan, ein Fluss der im Nicaraguasee entspringt, an einem Stück die Grenze zu Costa Rica darstellt und eigentlich zu Nicaragua gehört. Das sehen die Ticos jedoch ein wenig anders und so provozieren beide Seiten leider sehr undiplomatisch und sinnlos die derzeitige Situation. Die vielen Ticos, die in unserem Bus reisten schienen ebenfalls geschockt und ich fand diese Situation äußerst unangenhem.

Die Reise war ein tolles Erlebnis und ich hoffe, ich konnte euch wenigstens einen kleinen Einblick geben.

Dienstag, 11. Januar 2011

Feliz Año Nuevo

Ich stehe am 30.12.2010, mit ein paar Freunden in San Juan del Sur an der Pazifikküste am Stand und bin verwirrt.
Es ist Dezember, Deutschland versinkt im Schnee und während ich meine Füße in das lauwarme Meerwasser halte, ziehen hellhäutige Menschen, mit breitem amerikanischen Akzent und ihren Surfbrettern unter den Armen an uns vorbei.
San Juan del Sur, hat wenig zu tun mit dem eigentlichen Nicaragua, mit dem Nicaragua, was ich bis jetzt kenne - ich könnte mich genau so gut an einem Mittelmeerstrand in Südeuropa befinden.
Weiter hinten im Meer dümpeln relativ luxuriöse Schiffe, ab und zu tuckert ein Segelboot vorbei, der zum Teil vermüllte Strand ist gepflastert von bunten Handtüchern, auf denen braun gebrannte oder gerötete Menschen liegen.
Es gibt fast mehr Strandbars und Kaffees als Palmen und auch die kleine Stadt, die sich hinter dem Strand ergibt, erinnert äußerst wenig an Nicaragua.
Die Straßen sind gut in Schuss gehalten; zu viele Autos versuchen auf ihnen Platz zu finden, ein teurer Surfladen reiht sich an den anderen; über siebzig Prozent der Leute auf den Straßen sind Ausländer und selbst auf dem Markt herrschen touristische Preise.
Schnell sind wir uns einig, dass wir hier lieber nicht länger bleiben wollen und so machen wir uns auf, nach Playa Maderas - ein kleiner Strand, zehn Kilometer nördlich von San Juan del Sur gelegen.
Die Natur dort ist noch viel schöner. Die großen Wellen locken so einige Surfer an, aber auch zum Baden geben sie einiges her.
Vom Strand aus begrüßen wir also das neue Jahr. Ich finde es sehr spannend, denn unter klarem Sternenhimmel, in kurzer Hose und T-shirt; an einem Lagerfeuer sitzend, für welches wir vorher Unmengen an Holz zusammen schleppten - habe ich Silvester noch nie gefeiert. Um Punkt zwölf Uhr, werden ein paar vereinzelte Raketen losgelassen, üblich ist es hier eher nicht, aber dafür springen wir alle ins Meer!
Das Feuer trocknet uns schnell danach; später schlafe ich gemütlich in der Hängematte unter Palmen ein und werde erst wieder durch die Sonnenstrahlen und das Vogelgezwitscher des nächsten Morgens geweckt.

Feliz Navidad

Der 24.12 ist ein besonderer Tag. Und als ich mit Janek am Morgen das Haus verlasse, um zwei weitere deutsche Freiwillige hier in Matagalpa zu besuchen, ist die Aufregung der Menschen in den Straßen, die noch schnell die allerletzten Besorgungen treffen, nicht zu übersehen.
Von überall her dudelt Weihnachtsmusik, Geschäfte und Straßen sind überfüllt und nach drei Wochen „Kälte“, freue ich mich wie ein kleines Kind an den schönen warmen Sonnenstrahlen, die auf uns herunter scheinen.
Wir nehmen den Bus, der uns zu Maike und Daniel fahren soll, denn wir haben ein Weihnachtsfrühstück unter Palmen in ihrem Garten geplant.
Allerdings hat der Busfahrer anscheinend das Fleisch für das heutige Festessen vergessen. Er hält also mitten auf dem Markt und feilscht mit der Fleischverkäuferin durch das Fenster über uns hinweg - denn wir drängen uns zu dritt auf dem eineinhalben Platz, der sich vorne neben dem Busfahrer befindet.
Er schimpft und flucht; der Preis für das Libra sei viel zu teuer. aber ehe ich mich versehe bekomme ich eine Tüte mit blutig tropfenden Fleisch in die Hand gedrückt, die ich dem Busfahrer weiter reichen soll.
Als wir bei Maike und Daniel ankommen, nehmen wir also gemeinsam „ein typisches Weihnachtsfrühstück“, mit Milkshake, Obstsalat, Gallo Pinto, Weihnachtsstollen und Lind Schokolade bei Sonne im Garten ein.
Immer wieder wünschen wir uns gegenseitig ein „Fröhliches Weihnachten“, was sich im Laufe des Tages wie ganz von selbst zu einer Art „Running Gag“ entwickelt.
Auf dem Rückweg schauen wir in der Kathedrale vorbei und wollen Wissen, um wie viel Uhr heute eine Messe statt findet.
Merkwürdigerweise hat keiner eine richtige Antwort parat und die zwei Herren scheinen sich da selbst noch nicht so einig zu sein – schade.
Abends sind ich und Janek bei einem guten Freund und seiner Familie zum Essen eingeladen.
Schon auf dem Weg zu seinem Haus, hören wir es von überall her knallen, Feuerwerke gibt es hier das ganze Jahr über, allerdings erzeugen sie leider meistens nur Krach und viel Rauch.
Fast aus jedem Haus dröhnt Musik und viele Menschen tanzen bereits vor ihren Häusern und auf den Straßen.
Plötzlich ertönt eine laute Sirene in der Straße vor uns und als wir in sie einbiegen, kommt uns ein großer Wagen entgegen, der mit bunten, flimmernden Licht die dunkle Straße zum Erleuchten bringt.
Ein Weihnachtsmann tanzt zu Salsa Musik sehr ausgelassen auf dem Wagen herum, seine Helfer schmeißen Süßigkeiten, Caramelos herunter, welch gierig von den vielen Kindern aufgesammelt werden.
Ab und zu spricht er ein kräftiges „Hohoho“ in sein Megafon und tanzt dann auf künstlichem Schnee weiter.
Ich finde diesen Anblick merkwürdig und amüsant zugleich und als wir Josés Haus erreichen steht die ganze Familie auf der Straße, um die weihnachtliche Attraktion zu begutachten.
Sehr herzlich werden wir begrüßt und in das winzige Haus gebeten. Wir setzen uns ins Vor- und gleichzeitig auch Wohnzimmer. Ein Mini-Plastikweihnachtsbaum, der unter dem vielen kitschigen Schmuck fast zu ächzten scheint, steht neben dem laufenden Fernseher.
Sofort bekommen wir das erste Tonia ( Bier) in die Hand gedrückt und überreichen unsere Geschenke, die dankbar entgegen genommen werden.
Abwechselnd schaut man auf den Fernseher, dann der kleinen Tochter beim auspacken einer Plastikpuppe zu und schließlich wird geredet.
Wie Weihnachten in Deutschland so ist? Was man dort isst und ob es jetzt kalt sei...?
Dann kommt Joses Vater herein und er sieht aus wie ein waschechter Nordnicaraguaner, wie er so in der Tür steht, mit seinen fellbezogenen Cowboystiefeln, einer engen Jeacns, die von einem breiten Ledergürtel, mit einer noch viel breiten Gürtelschnalle zusammengehalten wird. Natürlich der Hut, der darf nicht fehlen.
Wir bekommen das nächste Bier angeboten und sollen nun die Verwandten die Straße weiter runter begrüßen.
Diese Verwandten sitzen bei ohrenbetäubender lauter Musik im Wohnzimmer und bieten uns als erstes Mal einen ordentlichen Rum an. Als ich der Tante „Frohe Weihnachten“ zuschreie, sieht sie mich entsetzt an und sagt „Jetzt doch noch nicht, erst um zwölf.“
Ich blicke da nicht so ganz durch, weil die Nicas sich schon seit knapp einem Monat „Frohe Weihnachten“ wünschen und nippe verwirrt an meinem Flor de Cana.
Nach einem Pläuschchen, sollen wir dann wieder gehen, das Essen sei nun fertig und man befiehlt uns regelrecht, dass wir uns an den einzigen Tisch setzen. Ich habe ein schlechtes Gewissen, da der Tisch super klein ist und es nur drei Stühle gibt. Als ich jedoch meinen Platz anbiete, werde ich wild gestikulieren wieder auf den Stuhl gedrängt, schließlich sollen ich und Janek das stundenlang zubereitete Festessen probieren und natürlich, dazu müsse man ein weiteres Tonia trinken.
Es gibt selbstgebackenes Brot und ….relleno, eine Art fester Eintopf mit Hühnchen, Gemüse, Rosinen, Oliven und Reis gibt es. Es schmeckt alles recht süß, aber gut.
Doch dann, dann bekommen wir Chicharron aufgezwungen, - gebackenen Schweinehaut.
Als eher Fleisch ablehnende Person, erscheint mir diese Anforderung zu hoch, doch ich komme nicht drumherum und ehe ich mich versehe, wird mir ein winziges Stück vor den Mund gehalten.
Es schmeckt salzig und fettig. Ich spüle alles mit einem Schluck Bier herunter und bekomme direkt die nächste Portion aufgeladen. Doch das wird mir zu viel und so schwindele ich, mein Magen sei von der Reise noch zu sehr mitgenommen und frage die Tochter, ob sie sich nicht gerne und unbedingt auf diesen Stuhl setzen würde. Sie freut sich und ich bin gerettet.
Sichtbar stolz steht die Mutter vor dem Essen und ich und Janek loben es auf nicaraguanische Weise sehr überschwänglich.
Wir verabschieden uns schließlich mit der Entschuldigung, dass wir nun im „Tequilas“, eine der zwei Discos in Matagalpa,mit Freunden weiterfeiern müssen.
Angeblich feiere ganz Matagalpa an diesem Abend im Tequilas und wir sind verblüfft, als wir um halb zwölf, die Ersten Gäste sind.
Normalerweise schließen die Discos in Matagalpa schon gegen Eins. Da stehen wir also, zu sechst, alleine mit den Sicherheitsbeamten, auf einer leeren Tanzfläche in der Disco. Nur das flimmernde Licht tanzt bereits zu der Musik.
Wir wünschen uns zum tausendsten Mal „Ein fröhliches Weihnachtsfest“ und dann dauert es auch gar nicht mehr lange, da betreten bereits die nächsten Gäste die Disco.
Mit den verdunkelten, untertage Discotheken, hat das Tequilas wenig zu tun. Man könnte es mit einer großen Terrasse beschreiben, die von Palmen umsäumt ist.
Die Mode, in der man hier in einer Disco aufkreuzt, ist ebenfalls in keinster Weise mit den Gewohnheiten in Deutschland vergleichbar.
Mit weniger als mindestens 8cm Absatz betritt fast keine Frau die Tanzfläche und sehr oft frage ich mich, ob diese Zentimeter dafür vom Saum ihrer super bunten Kleider und Röcke abgenommen wurden.
Mit der Zeit füllt sich die Disco, die Musik ist laut und die Tanzfläche voll.
Gegen halb fünf geben wir allerdings erschöpft auf und beschließen, dass wir die Geburt Christi nun hiermit reichlich gefeiert haben.
Wir nehmen also wieder zu NEUNT ein Taxi (ja das geht), was uns nach Hause kutschiert.
Müde, verwirrt, aber glücklich falle ich schließlich ins Bett.

Freitag, 3. Dezember 2010

Wenn einer eine Reise macht...

In den nächsten Wochen, wird auf diesem Blog wahrscheinlich nichts passieren. Wundert euch also nicht!
Wir werden die langen Ferien nutzen, um Mittelamerika ein wenig zu erforschen.
Diesen Samstag machen wir uns ganz früh morgens auf und fahren über Honduras nach San Salvador (Hauptstadt von El Salvador), von wo aus wir weiter nach Guatemala und Südmexiko reisen werden.
Es gibt also viel zu entdecken und natürlich werde ich Stift und Papier ganz dicht bei mir tragen, sodass ihr auf jeden Fall über unsere Reiseabenteuer erfahren werdet.
Ich wünsche allen eine schöne und besinnliche Weihnachtszeit!

La despedida

Am Montag vor zwei Wochen sind die kleinen ninos und ninas das letzte Mal vor den großen Ferien zur Schule gekommen und das musste natürlich mit einer kleinen Abschiedsfeier zelebriert werden.
Alle waren sehr fröhlich, sie durften dieses mal in eigenen Klamotten zur Schule kommen und mussten nicht in der Schuluniform erscheinen. An diesem Montag trudelten die meisten noch später ein als sonst und wurden häufig begleitet von Eltern, Geschwistern, Tanten oder Großeltern.
Jede Klasse versammelte sich in ihrem Klassenzimmer und dann wurde gefeiert!
Aus jedem der sechs Räume ertönte eine andere Musik und zwar so laut, dass man auf dem Gang sein eigenes Wort nur schwer verstehen konnte.
Es wurde getanzt und gelacht; einige Mütter brachten zur Feier des Tages einen aufwändig zubereiteten Reiseintopf mit. Die Kinder schienen alle sehr zufrieden und hüpften ausgelassen herum.

In der Klasse 2b, war am meisten los, denn eine Mutter hatte für die Kinder sogar eine Pinata organisiert. Eine Pinata ist eine aus Papier und Pappe gebastelte, große bunte Figur, die im Inneren mit Süßigkeiten gefüllt ist. Normalerweise bekommen die Kinder so eine Puppe an Geburtstagen geschenkt. Was dann folgt, erscheint allerdings wenig kinderfreundlich. Dem Kind werden mit einem Tuch die Augen verbunden, es bekommt einen Stock in die Hand gedrückt und erhält den Auftrag, damit auf die Puppe einzuschlagen, solange bis sie kaputt geht und die Süßigkeiten heraus fallen. Dann stürzen sich alle Kinder gleichzeitig und übereinander auf den Boden und versuchen so viel Bonbons und Caramelos wie nur möglich zu ergattern. Auch die Kinder der 2b hatten mächtig Spaß an der Sache.  Die Freude stieg aber noch um einiges, als ich ihnen das Weihnachtsgeschenk zeigte, welches ich von meiner besten Freundin geschickt bekommen habe.
Ein Stoffschneemann und drei Bücher. Wie erklärt man, was ein Schneemann ist, wenn die Kinder keinen Schnee kennen? Mit großen Augen, haben sie schönen Bilder der Bücher betrachtet und schienen ganz verzaubert.
Obwohl auch die Schule in allen Ecken mit Weihnachtsschmuck verziert war und mir die Kinder bevor sie nach Hause gingen alle ein frohes Weihnachtsfest wünschten, ist bei mir bis jetzt noch kein richtiges Weihnachtsgefühl aufgekommen.
Ich merke eher, dass ich ein wenig traurig werde, wenn ich daran denke, dass ich die Kinder für mehr als zwei Monate nicht sehen werde.
Einige von ihnen schenkten mir selbst gebastelte Briefchen oder Fotos von sich und ihren Familien, damit ich sie auch ja nicht vergesse. Ich bekam sogar einen kleinen Porzelanengel geschenkt und wurde von einigen Kindern nach Hause eingeladen, was mich alles wirklich sehr berührt hat.
Ich weiß leider auch, dass viele Kinder nicht so schöne Ferien haben werden wie ich. Viele müssen arbeiten und zum Beispiel bei der großen Kaffeeernte helfen.
Ich freue mich schon darauf sie in zwei Monaten wieder zu sehen, auch wenn nicht alle wieder kommen werden. Manche Kinder haben mir erzählt, dass sie auf eine andere Schule gehen werden, weil sie weit weg wohnen und manche müssen auch ein Jahr aussetzen, weil ihre Eltern nicht genügend Geld haben, um sie zur Schule zu schicken.

La Matriculación

Buenos Dias, ich möchte meine Tochter für das nächste Schuljahr an dieser Schule anmelden.
Einen Augenblick, meine Verehrte.“, sagt die Direktorin und kramt, wie für jede neue Schulanmeldung, ein Blatt Papier und einen Stift, aus der Eisenschublade ihres Schreibtisches hervor.
Wie heißt denn das Kind?“
„Sie heißt María Jesús Sánchez Blandón.", (Name geändert) antwortet die Mutter und lächelt ein wenig verlegen.
Ist sie das?“, die Direktorin zeigt fragend auf das kleine Mädchen, was sich schüchtern an den Schreibtisch klammert und sich auf die Zehenspitzen stellen muss, damit es darüber schauen kann.
Ääähhhhh...ja.“, antwortet die Mutter nach einer längeren Pause, dabei scheint sie sich in ihrer eigenen Antwort nicht wirklich sicher zu sein.
Gut. Hat ihre Tochter die Vorschule besucht?
Nein...Sehen Sie, wir wohnen in den Bergen, weit weg und außerdem gibt es so viele Kinder...“, versucht die Mutter sich zu rechtfertigen.
Die Direktorin nickt und fragt weiter „Und wie alt ist sie?
Sieben, nein – sechs glaube ich....
Wann hat sie denn Geburtstag?
Im Februar.“
Ah und an welchem Tag?“
Die Mutter zupft verlegen an ihrem T-shirt und schaut aus dem kleinen Fenster.
Am 1., am 2., am 3.,4.,5.,6.,7.....?“ Kommt ihr die Direktorin zur Hilfe.
Ich weiß es nicht.“, sagt die Mutter schließlich. „Der 4. könnte hinkommen.“
Es wird sich auf den 4.02 geeinigt, die Direktorin rechnet noch schnell das Geburtsjahr des Mädchens mit dem Taschenrechner aus und bringt dann alle Daten zu Papier.
Angemeldet!

Sonntag, 28. November 2010

Die Fritanga

Eine Fritanga kann man vielleicht mit einer gewöhnlichen „Pommesbude“ in
Deutschland vergleichen. Naja, vielleicht....
Fritangas findet man in Nicaragua an fast jeder Ecke und in fast jeder
Seitenstraße.
Dass man nach wenigen Metern auf eine Fritanga stoßen wird kann man bereits am
Geruch erahnen. Denn das Geheimrezept einer Fritanga lautet: „Frittiere
alles, was nicht bei drei auf den Bäumen ist!“
Dementsprechend verhalten sich dann auch die Luftbedingungen in der Fritanga und in ihrer Umgebung.
Schon vor dem Eintreten wird man von einer gewaltigen Rauchwolke begrüßt,
frittiert wird nämlich meistens draußen vor dem Laden auf der Straße.
Befindet man sich dann in dem laden, fällt das Atmen schwerer und auch
die Sicht erscheint ein wenig unklar.
Fritangas werden von den Nicas gerne besucht und so drängen sich häufig viel
zu viele Menschen in den kleinen Räumen, an den wenigen Plastiktischen.
Eine Speisekarte gibt es nicht; man fragt nach, was es denn gerade so geben
könnte. Und eigentlich ist die Antwort immer gleich:
Gallo Pinto (Reis mit Bohnen, frittiert), alle möglichen Sorten und Arten von
Fleisch (natürlich frittiert), Platano (frittierte Banane, auch als Chips
möglich), Enchiladas, manchmal auch Tacos und als Beilage Tortilla und Salat.
Der Salat dient allerdings mehr als Dekoration und besteht ausschließlich aus
Kohl. Über die ganze Sache kippen sich die Nicas gerne haufenweise scharfes
Chilly. Zum Trinken gibt es furchtbar süße Säfte, Bier oder Cola.
Nach dem Essen bezahlt man meistens am Ausgang, wo eine Person sitzt, die einem
dann spontan den Preis für das Mahl nennt.
Ist man wieder auf der Straße, oder besser gesagt einige Straßen von der
Fritanga entfernt, merkt man erst, dass man in der Fritanga glatt selbst
mit-frittiert wurde und fühlt sich wie ein gegrilltes Hühnchen.

Dienstag, 23. November 2010

Ausflug in die Wupperberge


Nein, in Deutschland war ich letztes Wochenende nicht. Aber dafür in Jinotega – genau, in der Partnerstadt Solingens.
Das kleine Städtchen im Norden Nicaraguas, ist gerade einmal eine gute Busstunde von Matagalpa aus entfernt, insofern die Straßen-, Bus- und Wetterverhältnisse stimmen.
Wir brauchen an diesem Samstag etwas länger. Der Bus ist wie immer überfüllt, aber dafür bekommen wir eine kleine Vorführung, von zwei eher mäßig lustigen Clowns, geboten. Ein weiterer Mann hält, in dem wirklich prall gefüllten Bus (ich frage mich immer noch wie er das gemacht hat) einen Vortrag über Würmer und Parasiten und verkauft Medikamente, die angeblich dagegen helfen sollen. Der Bus kutschiert uns durch die Berge, an einsamen Hütten vorbei, vorbei an Kuhherden, die von ihren Besitzern über die Straße gescheucht werden.
Irgendwann kommen wir dann doch an, in Jinotega, und zwar an einem sehr kleinen Busbahnhof. Genauer gesagt, werden wir an einem staubigen Platz raus gelassen, auf dem sich lediglich ein Kiosk befindet.
Unser Plan für den Tag: Den Cerro de la cruz (Berg des Kreuzes) besteigen.
Wir machen uns also auf und laufen durch die engen Straßen, in Richtung Friedhof.
Mir kommt alles recht klein und geordnet vor. Außerdem ist es, verglichen mit der Innenstadt Matagalpas, sehr ruhig.
Was am meisten auffällt, ist der Klimaunterschied. Jinotega liegt nördlicher und noch weiter in den Bergen als Matagalpa. Das spüre ich deutlich und rede mir ein, in meinem T-shirt und der kurzen Hose zu frieren.
Warm wird uns aber spätestens, als wir über den wunderschöner Friedhof laufen, der am Hang des Berges liegt und bunt geschmückt ist. Die Gräber sind angemalt, überall hängen bunte Girlanden und Plastikblumen in allen Farben. Viele Gräber sind von einer bunten Mauer oder einem angemalten Zaun umgeben, auf einigen ist sogar ein kleines Häuschen erbaut.
Die Friedhöfe hier, sind generell pompöser, größer, bunter und voller. Aber um diese Zeit sind sie besonders bunt, denn am 02.11 hat man in Nicaragua Allerheiligen gefeiert. Das war eine große Sache hier, die Angehörigen der Toten haben an diesem Tag, die Gräber angemalt, sie mit Blumen oder anderen Verzierungen dekoriert. Die können wir an diesem Samstag also immer noch bewundern.
Es dauert ein bisschen, bis wir den richtigen Weg hoch zum Kreuz finden. Wir versuchen uns durchs Dickicht zu schlagen, beschließen, dann den Leuten mit der Manschette hinterher zu laufen.
Die Natur ist wunderschön, alles ist grün, Schmetterlinge begleiten uns und es ist nur schwer vorzustellen, dass die ganze Landschaft in einigen Wochen braun werden wird.
Die Steigung wird mit der Zeit immer stärker, einen richtigen Weg gibt es nicht und an manchen Stellen sind wagemutige Klettermanöver gefragt.
Nach ca 45 Minuten, kommen wir geschwitzt, aber glücklich oben an und werden belohnt, mit einer gigantischen Aussicht!
Ausblick auf Jinotega
Große, begrünte Berge, umschließen die kleine Stadt Jinotega, die sich in das enge Tal zwängt. Die Berglandschaft, erinnert wirklich ein wenig an Solingen und die Wupperberge, mal abgesehen von der Vegetation.
Zur Linken, ist ein großer See zu sehen, der Lago de Apanas, dessen Wasser in der Sonne glitzert und auf dem sich mehrere kleine Inselchen befinden.
El Lago de Apanas
Auf der anderen Seite schauen wir auf eine wunderschöne grüne Berglandschaft und wir streiten uns, ob man dort bereits Honduras sehen kann, oder ob die ganze Landschaft noch zu Nicaragua gehört.
Nachdem wir genug Aussicht, Sonne und Kraft getankt haben, steigen wir  wieder ab und begegnen auf dem Rückweg einigen Kühen, die sich faszinierender weise durch das Dickicht schlagen.
Unten angekommen, schlendern wir durch die Stadt zurück zum Busbahnhof. Kehren noch schnell auf ein Pithaya (Drachenfrucht) Eis ein und beobachten ein altes Ehepaar, was auf Campingstühlen neben ihrem sehr großen Auto, in ihrem Wohnzimmer sitzt (Ja, Autos werden hier oft im Wohnzimmer geparkt) und durch die Gitterstäbe der Fenster, die Menschen auf der Straße beobachtet.

Sonntag, 7. November 2010

Einblick in die nicaraguanische Sprache - Lektion I: Gestik, Mimik und verbale Ausdrucksmöglichkeiten

Woraus setzt sich eigentlich eine Sprache zusammen? Was macht eine Sprache aus und wodurch unterscheidet sich eine Sprache von einer anderen?
Natürlich, eine Sprache besteht aus Wörtern, sie besteht aus zahlreichen Vokabeln, einer Grammatik und aus einer Aussprache, die sich häufig von der eigentlichen Schreibweise unterscheidet.
Eine Sprache besteht also aus Regeln, Regeln die festgelegt sind und die man in Büchern nach schlagen kann.
Zu einer Sprache gehören aber auch Umgangsweisen, Angewohnheiten, die auf den ersten Blick weniger transparent sind, die man in keinem Sprachunterricht lernen würde und die auch in keinem Lexikon zu finden sind.
Damit meine ich zum Beispiel die Körpersprache; Mimik, Gestik, Verhaltensweisen, Ausdrücke oder Ausrufe, die von Sprache zu Sprache variieren und die man meistens nur im Umgang oder im Gebrauch mit ihr, erfährt.
Die nicraguanische Sprache, ist scheinbar voll von Ausdrucksweisen und Eigenarten, die die Theatralik der Sprache anheben und in den verschiedensten Situationen, unterschiedlich unterstreichen.
Hier ein paar typisch nicaraguanische Ausdrucksvorlieben, Gestiken und Angewohnheiten, die man täglich auf der Straße und in Gesprächen beobachten kann:


1.Den Erfolg des Verstehens eines Sachzusammenhangs, oder auch das Einleuchten einer Erklärung, betonen die Nicaraguaner gerne durch ein kräftiges und sehr lang gezogenes „Ahhhhh- ya“. Das ya, kann als Variation auch wie dscha ausgesprochen werden, ebenso kann man es mehrmals hintereinander wiederholen.
Beispiel: „Ahhhhh ya- (kurze Pause) ya, ya“.
2.Wenn man ausdrücken, beziehungsweise unterstreichen möchte, wie schlimm, wie tragisch oder auch wie absurd etwas ist, dann macht man diese Tragik zusätzlich durch eine Handbewegung deutlich.
Hierbei berühren sich Daumen und Mittelfinger jeweils mit den Fingerkuppen. Die Hand wird stark geschüttelt - der Arm bleibt jedoch ruhig, die Bewegung kommt lediglich aus dem Handgelenk - sodass der Zeigefinger auf den Mittelfinger schlägt und durch das Aufeinander schlagen und Schlackern der Finger, ein Geräusch erzeugt wird. Besonders effektiv wirkt diese Bewegung bei Ringträgern.
Zusätzlich zu dieser Bewegung, ruft man laut und sehr pathetisch „ayayayayayayay!“ , das Gesicht wird dabei gerne verzogen.
Vorsicht beim Nachmachen: Die Bewegung erscheint wenig gesund und kann schmerzhaft sein, wenn man krampfhaft versucht, Geräusche mit den Fingern zu erzeugen.
3.Ein höfliches „Wie Bitte?“ oder meinetwegen auch ein „Was?“, kennen die Nicaraguaner so gut wie nicht. Wenn sie etwas nicht verstehen, beziehungsweise die Person nicht verstehen, mit der sie reden, dann signalisieren sie ihr Unverständnis durch ein ziemlich lang gezogenes „Hääää?“, oder auch durch ein „Haaaa?“; meistens in einer schrillen und prägnanten Tonart.
(Kurze Anmerkung hierbei: Ich stelle geradezu mit Entsetzen fest, dass auch ich schon diese Angewohnheit aufgenommen habe und entschuldige mich hiermit schon einmal im Vorfeld für ihren Gebrauch.)
4.Im Restaurant oder in der Bar wird die Bedienung mit einem Zischen und einer Handbewegung gerufen, die allerdings genau das Gegenteil des Verlangens ausdrückt.
Dazu streckt man den Arm nach vorne aus und winkt mit der Hand, die auf dem Boden zeigt, mehrmals hin und her. Die Handbewegung, geht dabei allerdings weg von der winkenden Person - es ist also eher ein Wegwinken, als ein Heranwinken, was ich am Anfang sehr verwirrend fand. Verbal, macht man sich zu der Bewegung durch ein Zischeln „ksksksksks“, deutlich und unterstreicht sein Anliegen auch gerne mal durch einen Ausruf wie „Eh muchacho!“.
Wenn man jemanden auf der Straße trifft oder generell die Aufmerksamkeit einer anderen
Person erlangen möchte, benutzt man dieses Zischeln ebenfalls. Mit Vorliebe wird
es außerdem von Männern gebraucht, die den Frauen auf der Straße gerne mal
hinterher zischeln.
5.Das Tempo, in dem sich die meisten Nicaraguaner durch die Straßen bewegen, kann man noch nicht einmal mit deutschem „Schlendertempo“ vergleichen, vielleicht mit der Hälfte seiner Geschwindigkeit. Grundsätzlich weicht einem keiner aus und auch die Autos, Motorräder, Fahrräder oder Pferde, haben immer Vorfahrt. Straßenüberquerungen, sind bisweilen mit Risiken eng verbunden. Sein Stückchen Freiheit auf der Straße oder auf dem engen Bürgersteig, falls es einen gibt, muss man sich stets erkämpfen und den ganzen Weg über hartnäckig verteidigen..
6.Trifft man Bekanntschaft auf der Straße, grüßt man sich stets mit einem sehr tief und lang gesprochenen „Adiiioooós“, dabei liegt die Betonung auf dem letzten O. Als Antwort darauf, kann man ein zweites Adiooooós entgegnen, oder aber auch mit einem
„Que honda, prix“ kontern, auf deutsch, was geht Kumpel.
Männer benutzen diese Art Adios auch gerne, um Frauen auf der Straße anzusprechen und leider übersetzen sie dieses Wort (wörtlich) ins Englische, was da goodbye wäre., sodass einem häufig ein eigenartig ausgesprochenes „goodbye“ hinterher gerufen wird.
7.Möchte man seinem Gesprächspartner, das Gegenteil seines Statements klar machen und sein eigenes bestärken, würde man sich in der deutschen Sprache, wahrscheinlich auf ein „Oh doch“, oder „Aber ja“ beziehen. In Nicaragua verweist man in diesem Falle auf den Ausdruck „Uhhhh si!“. Das Uhhhhh wird dabei sehr hoch, sehr lang und furchtbar spitz ausgesprochen. Wichtig ist, dass man mit der Stimme deutlich eine oder auch mehrere Tonarten höher geht.

Sonntag, 31. Oktober 2010

Der erste Rundbrief

Ich weiß nicht genau wo ich diesen ersten Rundbrief, der euch über mein Projekt und meine Arbeit
hier an der Escuela Pública Wuppertal informieren soll, anfangen und enden lassen soll.
Ich werde es aber dennoch versuchen, euch die Schule und meine täglichen Aufgaben ein wenig
näher zu bringen.
Die Escuela Pública Wuppertal, in der ich für ein Jahr lang als Sport- und Englischlehrerin arbeite,
ist eine öffentliche Grundschule. Sie liegt am Rande Matagalpas, in einem recht armen Viertel, nur
wenige Meter hinter dem „Río Grande“, dem Fluss, der sich durch die Stadt schlängelt.
Die Schule ist klein, sie besteht gerade mal aus sechs Klassenzimmern und einem winzigen Büro.
Seit neustem gibt es nun eine Mini-Bibliothek, auf die die Schule sehr stolz ist und die den Kindern
die Möglichkeit bietet, an Bücher zu gelangen. Wie fast alles, was sich in der Schule befindet,
wurde auch diese Bibliothek durch Spenden finanziert. Die allgemeine Ausstattung der Schule ist
schlecht, für den Sportunterricht stehen beispielsweise lediglich zwei Bälle zur Verfügung, bei
denen die Luft schon fast raus ist.

[... den ganzen Rundbrief lesen]

Samstag, 9. Oktober 2010

Ausflugsbilder

                                                   Wasserfall "Santa Emilia"

                                                                  Im Dschungel
                                                                         Matagalpa

                                                                Vulkan von Masaya

Eine ereignisreiche Woche

Die vergangene Schulwoche war leider geprägt durch verschiedene, mehr oder weniger „tragische Ereignisse“, die sich nur so aneinander reihten und die ganze Schule, so wie mich auch, in Aufregung brachten.


Am Montag morgen, ich sitze gerade in der 2a und helfe in der „Clase de Lengua y Literatura“ mit, kommt plötzlich die Direktorin herein und erzählt, dass die Mutter von drei SchülernInnen der Schule, in der Nacht an Herzversagen gestorben sei.
Die betroffene Familie ist sehr arm, einen Vater gibt es nicht, von nun an werden wohl die großen Geschwister auf die kleineren Kinder aufpassen, vielleicht auch noch andere Verwandte.
Die Direktorin bittet die Lehrer und Kinder der Schule, etwas Geld für die Familie zu spenden. Insgesamt 120 Cordobar bekommen wir zusammen, umgerechnet weniger als 5 Euro.
Die Schule endet an diesem Tag bereits um elf Uhr, danach machen sich alle Lehrerinnen auf, um der betroffenen Familie das Geld zu überreichen.
Wir laufen also los, durchs Barrio. Die Lehrerinnen schützen sich mit Sonnenschirmen oder Heften vor der Hitze und unterhalten sich angeregt über den Morgen.
Nach nur wenigen Minuten kommen wir an der Hütte an, in der die Familie wohnt. Eine stämmige Frau steht in der Tür, Kinder springen umher, ich erkenne die drei Kinder aus der Schule.
Dann werden wir in die kleine Hütte hineingebeten. Erst beim Eintreten stelle ich entsetzt fest, dass in der Mitte des Raumes ein Sarg steht, in dem die verstorbene Frau liegt. Er ist mit Blumen und Kerzen geschmückt und nimmt viel Platz ein. Nacheinander treten die Lehrerinnen an den Sarg und nehmen danach auf den Plastikstühlen Platz, die im Zimmer verteilt sind.
Damit habe ich nicht gerechnet, als es hieß, dass wir der Familie im Namen der Schule das Geld überreichen würden. Ich bin geschockt und irgendwie wird mir die Situation ein bisschen viel. Es ist heiß, die Hütte ist überfüllt und ich fühle mich fehl am Platz, habe ich weder die Verstorbene gekannt noch ihre Familienangehörigen. Außer die drei Kinder, eher flüchtig aus dem Unterricht.
Ich stehe ein bisschen ratlos in der Tür herum und lasse alle vorgehen, die herein wollen. Dann ist kein Platzt mehr in dem engen Raum und ich setze mich mit ein paar anderen Lehrerinnen nach draußen, vor die Hütte. Die zwei Mädchen meiner Schule spielen mit anderen Kindern Ball, der Junge sitzt auf dem Bürgersteig und weint. Die Lehrerinnen neben mir unterhalten sich über ihren Unterricht, eine Frau kommt heraus und bietet uns rote Limonade und Schokokekse an. So sitzen wir dort für eine Weile und mir kommt es vor wie eine ganze Ewigkeit. Die Sonne scheint stark, die Kinder kaufen sich ein Eis beim Eisverkäufer, der mit seiner Karre vorbei kommt und spielen dann weiter. Ich rede ein bisschen mit der kleinen Tochter der stellvertretenden Direktorin und nippe an dem furchtbar süßen Getränk.
Drinnen scheinen sie sich angeregt zu unterhalten, ich möchte aber lieber nicht herein gehen. Zwei Frauen, die große Körbe auf dem Kopf balancieren kommen vorbei und gucken neugierig in die Hütte. Ob hier jemand gestorben sei, fragen sie. Ja. Dann gehen sie für ein Moment hinein, kommen wieder heraus und machen sich wieder auf den Weg, mit ihren Körben
Mir kommt das Ganze sehr komisch vor und ich frage mich, wie es generell gehandhabt wird, wenn in Nicaragua jemand stirbt
Endlich kommen die anderen Lehrerinnen aus der Hütte heraus, gemeinsam machen wir uns auf und treten den Rückweg an.


Am Dienstag habe ich die 1a in „Educacion Fisica“, in Sport unterrichtet, diese Klasse zum ersten Mal ganz alleine. Wie immer haben sie sich zu Anfang brav in zwei Reihen aufgestellt, Mädchen und Jungen in getrennt, um dann die Aufwärmübungen, die ich vormache nach zu machen. Sie haben sich wirklich gut benommen und auch die Armlänge Abstand zueinander eingehalten. Darauf, wird hier im Sportunterricht viel Wert gelegt.
Nach den Übungen haben wir dann einen kleinen Wettkampf gemacht, so ähnlich wie Staffellauf, aber mit Hüpfen, Rückwärtslaufen und anderen lustigen Bewegungen. Das ging auch noch relativ gut, mal abgesehen von den kleinen Streitereien, wer in der Reihe vorne stehen darf etc.
Aber, dann...dann habe ich ihnen das Spiel „Ketten-fangen“ erklärt, bei dem sich zwei Kinder an den Händen halten und versuchen die anderen Kinder zu fangen. Ist ein weiteres Kind gefangen, schließt es sich der Kette an und gemeinsam müssen die anderen Kinder gefangen werden. Hierbei liegt die Betonung auf GEMEINSAM.
Das schienen die kleinen ninos wohl irgendwie überhört zu haben, denn ihnen ging es nur darum wild herum zu laufen, irgendjemanden zu fangen und dann ganz feste zu drücken.
Dass es eher unklug ist, jeweils in verschiedene Richtungen zu laufen, wenn man sich gemeinsam an den Händen hält, hat sie anscheint auch nicht weiter gestört, und so fand ich mich nach nur wenigen Minuten in einem Haufen von schreienden Kindern wieder. Die Mädchen hatten sich alle in einer Ecke versteckt, die Jungens liefen ineinander und durcheinander, sodass ich nach zehn Minuten fünf heulende Kinder und drei Verletzte zu beruhigen hatte, während die anderen weiterhin vergnügt hin und her hopsten und sichtlich die wenige Zeit, in der sie ungestört rennen dürfen, genossen.
Nachdem ich das Kind mit dem roten Auge (ich frage mich wie er das geschafft hat) ins Büro gebracht hatte und die zwei, die mit dem Kopf zusammen gestoßen waren, sich wieder einigermaßen beruhigt hatten, habe ich das Spiel dann abgebrochen und die Kinder sich wieder in den zwei Reihen aufstellen lassen. Sie waren ein wenig enttäuscht, hatte es ihnen doch so viel Spaß gemacht herum zu toben.
Aber auch ich bin ein wenig enttäuscht. Ich hatte Ketten-fangen immer als ein „nettes Laufspielchen“ in Erinnerungen und kann mich dabei an Verletzte nun wirklich nicht erinnern.
Außerdem finde ich es schade, dass die Kinder mit der Freiheit, die ich ihnen damit angeboten habe, nicht umgehen konnten. Ich hoffe sie lernen es mit der Zeit und besonders mehr im Team zu spielen/arbeiten.
Die Sportstunde fand dann noch ein „relativ“ harmonisches Ende und zwar mit den Atemübungen, die hier nach jeder Stunde gemacht werden, bevor die Kinder in einer Reihe wieder in den Klassenraum marschieren.


Als ich am Mittwoch morgen in die Schule kam, war dass kleine Büro stark überfüllt - mit Lehrerinnen, Kindern, Eltern, Großeltern....
Als ich meine Direktorin fragte, was denn passiert sei, fiel sie mir in die Arme und stöhnte, dass es schlimme Probleme für die Schule gebe.
Zur Erklärung: Vor einigen Wochen wurde eine mini-, wirklich eine klitzekleine Bibliothek für die Schüler eingerichtet. Dafür wurde ungefähr ein Viertel eines Klassenzimmers, mit einer Holzwand abgetrennt. In diesen Raum passen gerade mal ein Bücherregal und einige Stühle herein. Der andere Teil des Raumes wird weiterhin als Klassenzimmer genutzt. Obwohl die kleinste Klasse, mit 28 Kindern dort eingezogen ist, ist es dort nun sehr eng und die Kinder müssen sich dicht zusammen drängen, damit alle herein passen.
Von verschiedenen Spendern, hat die Schule bereits einige Bücher für die Bibliothek geschenkt bekommen. Meiner Meinung nach, ist diese Bibliothek eine wirklich gute Sache, denn die meisten Kinder haben, außer in der Schule, noch nie wirklich ein Buch gelesen. Sie haben kein Geld für Bücher oder es wird von ihren Eltern nicht als wichtig angesehen, dass die Kinder lesen. Insgesamt sind Bücher in Nicaragua Mangelware.
Durch die Bibliothek haben die Kinder nun die Möglichkeit, an Bücher zu gelangen, auch wenn sie sie nicht mit nach Hause nehmen dürfen, weil sie sonst verschwinden oder schnell kaputt gehen würden.
Diese Bibliothek hat insgesamt 2000 Cordobar gekostet, umgerechnet weniger als 150 Euro.
Geld, was die Schule aber nicht hat. Um die Bibliothek finanzieren zu können, haben sie neulich von jedem Schüler 10 Cordobar (vielleicht 30 Cent) eingesammelt, hat man ein Geschwisterkind auf der Schule, müssen die Eltern für jedes Kind nur 5 Crodobar zahlen.
Die meisten Kinder haben das Geld auch wirklich mitgebracht, nicht alle. Aber das war klar, denn viele Familien haben wirklich fast gar kein Geld, das weiß meine Direktorin und sie versteht es. Diese Kinder mussten nichts zahlen.
Die Mutter eines Schülers hat sich allerdings so stark darüber aufgeregt, dass die Schule von den Kindern Geld eingesammelt hat, dass sie sich an das Radio und an das nicaraguanische Fernsehen gewandt hat. Dort hat sie sich dann in aller Öffentlichkeit über die Direktorin beschwert und behauptet, dass die ganze Sache illegal sei und dass nun das Bildungsministerium eingeschaltet werden soll.
Nicht nur meine Direktorin, alle waren sehr aufgelöst am Dienstag.
Wie kann jemand, der so etwas tut, nachts gut schlafen? Wo hat diese Frau ihr Herz?, fragte die Subdirektorin immer wieder und plötzlich wurde die ganze Sache zu einem riesigen Thema.
Eltern kamen und versicherten, dass sie auf der Seite der Schule stehen würden und ihre Meinung nun auch in der Presse kundgeben wollen.
Gegen elf Uhr kam dann also das Radio zu uns, in die Schule. Lehrer wurden interviewt, Eltern, Schüler, alles war ein Drama.
Mi corazón, es gibt viele Probleme...“ stöhnte meine Direktorin immer wieder und an diesem Tag nahm sie mich besonders oft in den Arme, noch mehr als sonst. Sie tat mir Leid, denn sie steckt viel Arbeit in die Schule und kümmert sich wirklich um fast alles, zusammen mit der zweiten Direktorin.
Die Radiofrau wollte alles wissen; wann die Schule gegründet wurde, wie viele Schüler es hier gäbe, wie viele davon Jungs und wie viele Mädchen sein, und die Lehrer, wie viele Lehrer es denn gäbe. Und nein echt, es unterrichtet wirklich nur ein Mann an der Schule? Dann wollte sie wissen wie ich heiße, was ich mache, woher ich komme. Ah, oh, wie interessant, aber mein Nachname wäre nun wirklich zu schwer, Maren reicht völlig für den Bericht.
Fragen über Fragen und immer wieder sprach sie sehr wichtig in ihr kleines Mikrofon herein.

Am Donnerstag, habe ich erfahren, dass ich ab nun an die 2a und die 2b zusammen unterrichten soll. Da stand ich dann also, mit 60 Kindern, bei 30 Grad, mit zwei kaputten Bällen und sehr wenig Platz. Zum Glück, kam mir eine zweite Lehrerin zur Hilfe, sodass alles recht gut verlief.
Als ich dann völlig geschafft ins Büro kam, um die Bälle weg zu bringen und ein bisschen mit meiner Direktorin zu plaudern, stand der Vater einer Viertklässlerin in der Tür und berichtete, dass er seine Tochter nun schon seit ein paar Tagen vermissen würden. Angeblich würde die Polizei nach dem zwölfjährigen Mädchen suchen. Aber bis jetzt ist sie noch nicht wieder aufgetaucht.

Der Freitag verlief „normal“. Keine schlimmen Ereignisse, keine traurigen Neuigkeiten, alles war friedlich und ruhig. Was ich am erstaunlichsten fand war, dass die Ereignisse der Woche überhaupt nicht Thema waren. Keiner hat darüber geredet, keiner schien traurig oder geschafft zu sein. Morgens wurde die Nationalhymne gesungen, dann war Unterricht, danach eine Lehrerbesprechung. Alles lief weiter seine gewohnten Wege, alles funktionierte wie immer. Und auch ich habe wie immer unterrichtet, Dokumente am Computer abgetippt und Reis mit Bohnen an die Kinder verteilt, so wie jeden Tag.
Gerade merke ich, wie anstrengend diese Woche eigentlich war und dass sie mich wohl noch etwas länger beschäftigen wird.